Spanien will Pinochet

■ Auslieferungsverfahren hat begonnen

London (dpa) – Spanien hat dem chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet gestern zu Beginn seines Auslieferungsverfahrens in London eine systematische Terrorkampagne gegen politische Gegner vorgeworfen. Der Rechtsvertreter Spaniens, Alun Jones, forderte die Überstellung des Generals nach Madrid. Dort müsse ihm wegen der Verbrechen seiner Militärdiktatur (1973 – 90) der Prozess gemacht werden.

Spanien legte dem General 36 Fälle von Folter zur Last, unter anderem durch Elektroschocks, Schläge und sexuellen Missbrauch. Es gehe um „einige der schwersten Verbrechen, die jemals vor ein englisches Gericht gekommen sind“, sagte Jones. Die spanischen Ermittler mussten sich auf die Zeit von Dezember 1988 bis Dezember 1989 beschränken. Vorher genoss Pinochet nach einem Urteil der britischen Lordrichter als Staatsoberhaupt Immunität.

„Auf diesen historischen Moment haben Pinochets Opfer 25 Jahre gewartet“, sagte Reed Brody von der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“. Der Fall werde Rechtsgeschichte schreiben, weil es erstmals um die Auslieferung eines ehemaligen Staatsoberhauptes gehe.

Die Entscheidung wird am 15. Oktober erwartet. Es gilt als wahrscheinlich, dass Richter Ronald Bartle die Auslieferung für rechtmäßig erklären wird. Er muss hauptsächlich prüfen, ob der Antrag formal alle Anforderungen erfüllt und das Verfahrensrecht richtig angewandt worden ist. Auf Grund zahlreicher Einspruchsmöglichkeiten kann sich das Verfahren danach noch zwei Jahre hinziehen. Der chilenische Außenminister Juan Gabriel Valdes machte in der spanischen Zeitung El Pais klar, dass die Anwälte alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen wollen. Sie wollen argumentieren, dass die Foltervorwürfe weder nach britischem noch nach spanischem Recht als Grund für eine Auslieferung ausreichen.

Parallel dazu bemühen sich Pinochets Anhänger darum, dass der 83-Jährige aus humanitären Gründen vorzeitig freigelassen wird. Nach Angaben seiner Ärzte leidet er unter Herzbeschwerden, Depressionen, Diabetes, Prostataproblemen, Arthritis und Asthma.