Da waren es nur noch zwei Stromriesen in Deutschland

■ Branchenprimus RWE ist überholt. Doch dessen Antwort wird bald folgen

Berlin (taz) – Richtig wichtig im internationalen Vergleich wird der neue Veba/Viag-Konzern vor allem auf dem Strommarkt sein. Er überholt den deutschen Branchenprimus RWE und liegt europaweit nur noch hinter den Staatsmonopolisten Electricité de France (EdF) und Italiens Enel.

Die Gebiete von Veba und Viag waren bisher mit Ausnahme Ostdeutschlands strikt getrennt. Sie ergänzen sich hervorragend, und das Einzugsgebiet reicht nun von der Nordsee bis in die Alpen. Es überdeckt etwa die Hälfte der Fläche Deutschlands. Zusammen verkauften die beiden Konzerne im vergangenen Jahr 179 Milliarden Kilowattstunden. Konkurrent RWE liegt bei 138 , Enel bei 237 und EdF unangefochten bei 452 Milliarden Kilowattstunden. Die Stromproduzenten Bayernwerk und PreussenElektra sind daher die Goldgruben von Viag und Veba.

„Es waren immer drei, die in Deutschland in der Energiepolitik etwas zu sagen hatten – RWE, PreussenElektra/Veba und Bayernwerk/Viag“, sagt Lutz Mez, Geschäftsführer der Forschungsstelle Umweltpolitik an der Freien Universität Berlin. „Davon bleiben jetzt nur noch zwei.“

Die Energiesparte von Veba/Viag hat nun die Mehrheit bei der Berliner Bewag. An dem Energieversorger halten beide bislang etwa ein Viertel der Aktien. Bei den Hamburgischen Electricitätswerken ist der fusionierte Konzern mit gut 15 Prozent dabei und beim ostdeutschen Verbundnetzbetreiber Veag reichen die Prozente nun zur Mehrheit.

„Das lässt sich RWE nicht gefallen. Die Antwort von dort wird kommen“, sagt Lutz Mez. RWE, bisheriger Branchenführer aus Essen, hat in den vergangenen Wochen schon angekündigt, dass er in den nächsten zehn Jahren 30 Milliarden Dollar (56 Milliarden Mark) für Zukäufe investieren will.

Ziele bieten sich im Inland einige: An der angrenzenden VEW in Dortmund hält RWE schon 30 Prozent. Eine vollständige Übernahme könnte zwar die Kartellwärter auf den Plan rufen. Das Kartellamt könnte aber indirekt auch helfen – wenn Veba/Viag Teile ihres gemeinsamen Besitzes abstoßen müssen, um eine Fusionsgenehmigung zu erhalten. Da würde dann RWE mitbieten – zumal Bayernwerk einen beträchtlichen Anteil an VEW hält.

Der größte Brocken aber wird im November entschieden: Dann verkauft das Land Baden-Württemberg seinen 25-Prozent-Anteil an Energie Baden-Württemberg, kurz EnBW. Die EnBW ist derzeit die Nummer vier in Deutschland und betreibt auch einige Atomkraftwerke. Der französische Stromriese EdF bewirbt sich, um in den deutschen Markt zu kommen. Die deutsche Energiewirtschaft wird allerdings einiges unternehmen, um EdF außer Landes zu halten.

Da kommt die Veba/Viag-Fusion gerade recht für RWE: Viag wird, laut Vorstandschef Wilhelm Simson, das Angebot für eine Beteiligung an der Energie Baden-Württemberg nicht weiterverfolgen, da er einen Einspruch des Kartellamts gegen die Fusion vermutet. RWE ist somit letzter aussichtsreicher deutscher Bieter und verliert durch die Fusion der konkurrenten auch sein Image als alles überschattende Nummer eins. Reiner Metzger