Das Böse trägt eine Zahnspange

■ Albern ohne Ende: Katsuyuki Motohiros „Bayside Shakedown“

Die Beamten am Tokyoter Metropolitan Police Departement (MPD) haben nicht mehr viel vor. Das Leben zwischen Kaffeeautomat und Hauspost hält wenige Überraschungen parat. Und was auf der Straße passiert, ist für die Staatsdiener ferner als die Fälle in ihrer Lieblingspolizeiserie. In Bayside Shakedown, der in Japan neben Titanic zum Box-Office-Hit avancierte, ist der Polizeiapparat zu einem bierbäuchigen Organismus verkommen, der nur noch damit beschäftigt zu sein scheint, sich hinter den zahllosen Türen und den mäandernden Gängen selbst zu verdauen.

Wer diesen Hort alltäglicher Zumutungen hinter sich lässt, um sich tatsächlich der Verbrechensbekämpfung zu widmen, macht sich schnell als Kollegensau verdächtig. Da kann man auch gleich dem Chef die Golfbälle putzen. Detective Mashita aber möchte sich unter all den Bücklingen gerne interessant machen. Dabei kommt ihm eine Mordserie zur Hilfe, in der eine Hobbychirurgin ihren Opfern den Magen mit Teddys stopft. Bei der Fahndung schlägt Mashita sich bald mit autistischen Hierarchie-Deppen und hyperventilierenden Sondereinheiten herum. Als jedoch der Chef der MPD gekidnappt wird, muss der Kopf des gemächlichen Bürokratie-Monsters lernen, wie man mit dem Fußvolk der Institution nicht nur bei der Fast-Food-Bestellung kooperiert.

In Bayside Shakedown von Katsuyuki Motohiro nimmt sich die Satire auf den arthritischen Polizeiapparat stellenweise wie eine alberne Pennälerschmonzette aus. Eine japanische Police Academy für Kleinsparer, die sich zwischen zwei handwarmen Witzen selbst so den Bauch halten muss, dass der Plot im Schluckauf der Gags zu torkeln beginnt. Optisch traut sich der Film nicht mehr als ein herkömmlicher TV-Mehrteiler, der kein Ende findet und immer noch eine Verwicklung, einen Gag, einen Nasenstupser aus dem Ärmel zaubert. Hier ein bisschen Geraune von Meister und Würde, da ein bisschen Coolness im Fotokopiererlicht – das macht noch keine raffinierte Bildersprache. Und wenn Mashita vorfreudig von dem Leben da draußen und den echten Verbrechen auf der Straße spricht, macht der Film auch noch seinen Hofknicks vor der Privatinitiative der Auserwählten, vor den Alpha-Tieren unter den dumpf braven Beamtenameisen, ohne die unsere Welt wohl nicht mehr zu retten wäre.

Dass er am Ende nicht stirbt, sondern durchlöchert und stark blutend in den lautstarken Schlaf der Gerechten fällt, ist keine Irone auf den eben noch mal abgewendeten Heldentod: Es ist eine Feier der Unsterblichkeit des individuellen Durchgreifvermögens, das selbst Schmerzen mit dem puren Willen trotzt. Schließlich siegt mit Mashitas Einsatz die Routine der guten Tat. Und solange die noch etwas ausrichten kann, hat das Böse keine wirklichen scharfen Zähne. In Bayside Shakedown trägt es sogar eine Zahnspange.

Birgit Glombitza

„Bayside Shakedown“, heute, 21.30 Uhr, Metropolis, 3. Oktober, 20 Uhr, 3001