■ Filmstarts à la carte
: Expressive Schattenspiele

In ihrer zweiten Zusammenarbeit vollzogen Werner Herzog und Klaus Kinski 1979 einen konsequenten Schritt. Eine Vorliebe für das expressive hatte den Regisseur und seinen Schauspieler schon immer verbunden – was also lag näher, als gemeinsam eine Hommage an den deutschen Stummfilm in Angriff zu nehmen. „Nosferatu – Phantom der Nacht“ erzählt dann auch (fast) die gleiche Geschichte wie F.W. Murnaus unautorisierte „Dracula“- Bearbeitung aus dem Jahre 1921, und einzelne Murnau'sche Einstellungen (wie das in den Hafen einfahrende Geisterschiff und die „Schattenspiele“ des Phantoms) wurden sorgfältig nachgestellt. Die Vampir-Maske (kahlköpfig und mit spitzen Krallen bewehrt) entspricht der des ursprünglichen Nosferatu-Darstellers Max Schreck, dessen Gestik und Körperhaltung Kinski zum Teil bis ins Detail imitiert, derweil Isabelle Adjani als Lucy mit ihrer strengen Frisur und den weitaufgerissenen, schwarzumrandeten Augen wie eine puppenhafte Stummfilmdiva wirkt. Und doch besitzt Herzogs äNosferatu einen Ausdruck von Herzogs Pessimismus.

„Nosferatu – Phantom der Nacht“ 30.9.-3.10. im Balasz

„Wir ham die Arbeit nur von weitem gesehn, und auch von weitem war se nich schön“, singt Oskar Karlweis in Wilhelm Thieles Musikkomödie „Die Drei von der Tankstelle“ und Willy Fritsch fügt hinzu: „Geld allein macht auch nicht glücklich, hat man aber augenblicklich gar kein Geld, wird man nervös.“ Das erscheint mehr als verständlich, weshalb die bankrotten Herren ja auch zusammen mit Heinz Rühmann erst die besagte Tankstelle eröffnen, sich dann in Lilian Harvey verlieben und schließlich dem Happy-End entgegentanzen. Die UFA- Musikkomödien der frühen dreißiger Jahre erweisen sich auch heute noch als Faszinosum: weil sie die schlechte Zeit der Weltwirtschaftskrise nicht ausblendeten und gleichzeitig davon ablenkten, weil Komödie damals noch L-U-S-T-I-G in kapitalen Lettern bedeutete, und weil die meisten Schauspieler mit charmanter Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit sangen und tanzten, ohne diese Fähigkeiten auch nur entfernt zu besitzen (Lilian Harvey einmal ausgenommen).

„Die Drei von der Tankstelle“ 2.10. im Arsenal

Zu einer Komödie ganz anderer Provenienz: Zwar mag die Liebesgeschichte zwischen einem Zwanzigjähigen und einer Achtzigjähigen in dem 1971 unter der Regie von Hal Ashby entstandenen „Harold und Maude“ nicht immer ganz frei von Sentimentalitäten sein, doch Harolds bizarre Selbstmord-Fakes (und der völlig selbstverständliche Umgang seiner Mutter mit Erhängungen und Selbstverbrennungen) etablierten den Film längst als einen Klassiker des makaberen Kinos.

„Harold und Maude“ 2.10.-3.10. im Central 1

Lars Penning