Anleger wollen wieder Gold bunkern

■ Nach der Entscheidung der Zentralbanken, ihre Goldverkäufe einzuschränken, klettert der Kurs auf ungeahnte Höhen – gestern war er schon ein Viertel höher als vor einer Woche

Berlin (taz) – Knapp 50 Millionen Mark hätte sie mehr einnehmen können, die Bank of England – hätte sie nur eine Woche mit ihrem Verkauf von 25 Tonnen Gold gewartet. Um fast ein Viertel ist der Goldkurs gegenüber vergangener Woche inzwischen gestiegen. Gestern wurde er in London auf sagenhafte 317,25 Dollar pro Feinunze gefixt – eine Feinunze sind gut 31 Gramm.

Die Bank of England hätte es besser wissen können. Der Grund für den Preissprung des Goldes ist ihr zusammen mit 15 europäischen Zentralbanken gefasster Beschluss, den Verkauf des Edelmetalls zu deckeln: Nicht mehr als 2.000 Tonnen der europäischen Goldreserven sollen nunmehr innerhalb der kommenden fünf Jahre verkauft werden. Die Löwenanteile daran wollen England (415 Tonnen) und die Schweizer Notenbank (1.300 Tonnen) absetzen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte diesen Beschluss am Sonntag auf der Tagung von Weltbank und IWF verkündet, was spontan den Goldpreis um sechs Prozent nach oben schubste. Seitdem steigt sein Wert kontinuierlich weiter. „Der Markt spielt derzeit völlig verrückt“, sagten Frankfurter Händler. Vor kurzem habe man noch von Preisen von 200 Dollar je Unze geredet. „Davon spricht keiner mehr.“

Vor der IWF-Tagung hatten Befürchtungen auf den Goldpreis gedrückt, der Internationale Währungsfonds könne für sein Entschuldungsprogramm zuviel Gold verkaufen und den Goldkurs damit destabilisieren. Er dümpelte bei 255 Dollar pro Feinunze.

Vor 20 Jahren kostete die Unze noch 850 Dollar. Das Gold zehrte jahrzehntelang von seinem Mythos, noch 1993 glaubten die Experten an eine rasche Erholung des Goldkurses und kauften vermeintlich billig ein mit der Hoffnung auf Profite. Gold galt als die krisenfeste Wertanlage schlechthin.

Doch seit der IWF 1978 die Regel aufgehoben hat, dass der Wert einer Währung an Goldreserven geknüpft sein muss, fiel der Goldpreis unaufhaltsam. Viele Notenbanken wollen ihre Reserven langsam auflösen, nicht zuletzt, weil die Lagerung von Gold teuer ist – und keine Zinsen bringt.

Den goldproduzierenden Länder bringt der neue Optimismus eine Verschnaufpause. Und auch die Aktienkurse etwa der von Schließung bedrohten südafrikanischen Minen stiegen sprunghaft an. urb