Zwickel, die Wiederholungsmaschine

Der Chef der IG Metall schaltet auf stur. Er will die Rente mit 60, seine liebste und einzige Idee zur Jobbeschaffung, um jeden Preis durchsetzen. Die Mitglieder sollen es ihm mit der Wiederwahl danken  ■   Von Annette Rogalla

Berlin (taz) – Klaus Zwickel zeigt Härte. Eine Rente mit 60 müsse her, fordert der Vorsitzende der IG Metall. Wenn die Regierung bis November keine „entscheidungsreife Vorlage“ präsentiere, sehe er schwarz für das Bündnis für Arbeit.

Zwickel bringt sich in Form. Am Dienstag will er auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall wiedergewählt werden. Seine Strategie ist einfach. Er versucht den Zorn der Arbeiter auf die rot-grüne Regierung zu lenken. Mit seinem Lieblingsthema: die Rente mit 60.

Die Gewerkschaft will mit dem Modell dafür sorgen, dass ältere Arbeitnehmer ohne finanzielle Abschläge in den Ruhestand gehen können. Wer heute eher aufhören will, bekommt weniger Rente. Der Abschlag beträgt 0,3 Prozent des Rentenanspruchs für jeden Monat, den der Arbeitnehmer vor Erreichen der Altersgrenze geht. In der Regel kann heute aufhören, wer 65 Jahre alt ist; wer mit 60 geht, muss mit einem Rentenabschlag von 18 Prozent rechnen.

Zwickels Vorschlag: Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen gemeinsam in einen Ausgleichstopf, aus dem die Abschläge für die Alten finanziert werden. Jeder, der mindestens 35 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt und das 60. Lebensjahr vollendet hat, soll sich zur Ruhe setzen dürfen. Fünf Jahre lang soll die Zwickel-Rente möglich sein, frei nach dem Motto „Alte raus – Junge rein“. Zwickel glaubt, drei Millionen Beschäftigte fänden Gefallen an diesem Vorschlag. Würde nur jeder dritte freiwerdende Platz wieder besetzt, kämen eine Million Arbeitslose weg von der Straße.

Das bedrohte Bündnis für Arbeit ist eng mit dem Namen Klaus Zwickel verbunden. Ein Jahr tagt das Gremium nun – und hat noch keinen einzigen Job geschaffen. Das stinkt der mächtigen IG Metall. Es nützt Schröder nichts mehr, dass er mit Walter Riester den ehemaligen Vizechef der Gewerkschaft zum Arbeitsminister berufen hat. Noch im vergangenen November redete Riester vehement für eine Rente mit 60. Seinerzeit galt es als ausgemacht, dass auch der Bundeskanzler viel von der neuen Form der Frühverrentung hält. Der Fonds zur Finanzierung der Rentenabschläge sollte zum Spitzenthema des Bündnisses für Arbeit werden. Inzwischen lehnt Riester den Vorschlag ab, und auch Schröder will nichts mehr davon wissen. Der Fonds sei nur mit höheren Beiträgen zur Rente zu finanzieren, sagt Riester. Und die will der Arbeitsminister gering halten. Die Rente mit 60 passt ihm dabei nicht ins Konzept.

Auch die Rentenexperten melden seit Monaten ihre Zweifel am Nutzen des Modells an. Es geht um gewaltige Summen. Gestern rechnete der Direktor des Verbandes der Rentenversicherungsträger, Franz Ruland, abermals vor, wie teuer die Rente mit 60 kommt. Wenn 250.000 bis 300.000 Arbeitnehmer davon Gebrauch machen würden, entstünde der gesetzlichen Rentenversicherung Vorfinanzierungskosten von 6,25 bis 7,5 Milliarden Mark. Dies entspreche 0,5 Prozentpunkten beim Rentenbeitrag. Außerdem, so Ruland, würde die Rente mit 60 auch den Generationsvertrag belasten, da die Jüngeren Leistungen finanzieren müssten, auf die sie selber später keinen Anspruch hätten. Mit ähnlichen Argumenten lehnen auch Arbeitgeber und Oppositionsparteien Zwickels Vorschlag ab. Zwickels Gegenpart, Metallarbeitgeberpräsident Werner Stumpfe, sagt, er sei damit einverstanden, dass Ältere zugunsten von Jüngeren vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden, dies müsse aber über eine verbesserte Altersteilzeit geregelt werden.

Zwickel wird stur bleiben. Schröder wird reagieren. Im Laufe desGewerkschaftstages hälte er am Mittwoch eine Rede.