Wie ein Bomberabsturz eine Nachbarschaft begründete

Am Donnerstag zwischen vier und fünf Uhr nachmittags startet Lieutenant Commander Robert M. Conlyn Jr. vom US-Luftwaffenstützpunkt Dobbins nahe der Stadt Marietta im US-Staat Georgia mit seinem „Attack Bomber“ A-7 E Corsair II zu einem Trainingsflug. Die einstrahlige Maschine fliegt am 9.11.89 ohne Waffen, wiegt 8.839 Kilogramm und ist bis zu 1.115 Stundenkilometer schnell. Maximale Tankfüllung in Kilogramm: 4.555. Ein Kollege von ihm wird später sagen, Conlyn sei ein sehr erfahrener Pilot und das Wetter gut gewesen.

Die Stimmung auf dem Stützpunkt ist in diesen Tagen schlecht, weil das Tauwetter zwischen den Supermächten das Verteidigungsbudget sinken lässt. Im Lockheed-Werk in Marietta sind schon achttausend Beschäftigte entlassen worden. Knapp drei Kilometer südlich vom Stützpunkt Dobbins liegt die Siedlung „Pine Village“. In jedem der fünf Holzhäuser gibt es zwölf 75 Quadratmeter große Appartments. Hier wohnt die amerikanische Mittelklasse. An diesem Abend werden die Bewohner dieser Siedlung zum ersten Mal ihre Nachbarn kennen lernen.

In einem der Apartments befinden sich zum Zeitpunkt, als Conlyn bereits auf dem Rückflug ist, Margie Padovani, 28 Jahre, die normalerweise Kredite überprüft, und ihre Tochter Jacquelyn. Sie ist fünf und wird diese Nacht in einer Spezialklinik schlafen. Sekunden vor 18.25 Uhr ist Conlyn fast über Pine Village. Das hydraulische Kontrollsystem ist ausgefallen. Er betätigt den Schleudersitz. Er ist noch in der Luft, als das Flugzeug „fast lautlos“, wie ein Zeuge sagt, in die Ecke des Wohnblockes No. 3 stürzt. Wrackteile schießen durch das Wohngebiet, die Feuerwehr wird eine Stunde brauchen, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Die Männer stehen am Ende knöcheltief in Löschwasser.

„Wir sahen, wie die Leute aus den Häusern rannten. Einige schrien und fuchtelten wild mit den Armen. Einige trugen Babys auf den Armen. Wir haben versucht sie zu beruhigen, aber sie waren zu geschockt“, sagt später der Bewohner Tony Abunaw, 28. Conlyn wird etwa hundert Meter vom Absturzort entfernt mitten auf der Straße gefunden. Er ist bewusstlos und blutet aus Mund und Nase, wird aber überleben. Die Leute helfen sich gegenseitig. Einer aber wird vermisst, David McNamara. Er arbeitet in den Motorenwerken. Trotz seiner leichten Verbrennungen an den Armen geht er zum Dienst, meldet sich später beim Leiter der Rettungsmannschaften, Josef Burton: „Ich bin okay.“

Margie Padovani und ihre Tochter sind zwei von elf Verletzten und werden ins Kennestone Hospital gebracht. Dort bittet die Mutter immer wieder um Wasser. Ihr Bein ist gebrochen. Die Verbrennungen der Tochter auf Brust, Rücken und Beinen sind zweiten und dritten Grades. Die Ärzte gehen davon aus, dass gut die Hälfte ihrer Haut unbeschädigt ist. Dat Nguyen, neun Jahre, sagt dem Zeitungsreporter vom Atlanta Journal: „Ich wollte immer Pilot werden, aber nach diesem Abend – no way.Enno Bolten