■ Das Diepgen des Tages
: Die Kanzler-Maschine

Berlin ist eine Reise wert – wenn man dort hinkommt oder schnell wieder weg. Die Berliner wissen davon schon lange ein Lied zu singen. New York direkt? Pah! Stattdessen Pjöngjang oder Ulan Bator. Oder Friedrichshafen, nonstop und direkt vom Flughafen Tempelhof. Vorausgesetzt allerdings, der Tempelhofer Flugsaboteur schlägt nicht wieder zu und manipuliert irgendwelche Bremsschläuche. Ja, ja, es ist ein Kreuz mit dem Berliner Luftkreuz, und einen Jumbo sehen die Berliner nur, wenn mal einer über Polen abzuschmieren droht und in Tegel notlanden muss. Dann geraten die Hauptstädter gleich so sehr in aus dem Häuschen, dass sie das ganze Rollfeld mit Rasierschaum einschmieren, reine Vorsichtsmaßnahme, versteht sich.

Vorsichtig war auch jener Techniker der Kanzler-Maschine, der gestern Gerhard Schröder eine schlechte Botschaft überbringen musste. Kurz bevor der Kanzler zu einem ominösen Arbeitsbesuch in die noch neutrale Schweiz reisen wollte, versagte das Fahrwerk der „Challenger“. War da etwa Sabotage im Spiel? Sollte Schröder, der Herausforderer, auf ganz unsanfte Art wieder auf den Boden der Tatsachen geholt werden? Und warum reagierte die Schweiz in einer ersten diplomatischen Note sichtbar verärgert? Hatte Schröder etwa versprochen, den Schweizer Panzerbestand durch Spähpanzer der Marke Luchs zu verdoppeln und nun, da sich die eidgenössische Opposition bemerkbar machte, einen Rückzieher angetreten?

Die Antwort auf diese Fragen liegt wie immer in Bonn. Dort nämlich lagert noch immer die Flugbereitschaft der Bundesregierung, und die konnte auf die Schnelle keine Ersatzmaschine liefern. Fragt sich nur, warum der Kanzler nicht spontan nach Pjöngjang geflogen ist. Dort warten sie ja bekanntlich noch immer auf die Vereinigung, und auch das Schröder/Blair-Papier gibt es noch in keiner koreanischen Übersetzung. Molly Bluhm