Wahre Idylle einer Kitschpostkarte

Wandern ist gesund und auch deshalb wieder voll im Trend. Warum also nicht schon den Kleinsten die Bergluft und den Aufstieg näher bringen? Urlaub auf dem Bergbauernhof im österreichischen Kärnten  ■   Von Edith Kresta

Der Palzerhof – einsam am Berghang gelegen – blickt hinunter ins Tal, dazwischen nichts als satte Wiesen, zähe Rinder, rundliche Berge. Asta, der Bernhardiner, ruht gemütlich unter der Bank vor dem alten großen Bauernhof. Über ihm, auf der Bank, sonnt sich die Katze. Aus dem Hofbrunnen plätschert klares Bergwasser. Zeit, Ruhe, Müßiggang. Das Arriachtal, ganz in der Nähe des Ossiachersees und der Touristenhochburg Bad Kleinkirchheim, schlummert abseits touristischer Pfade vor sich hin. Es eignet sich sommers hervorragend zum Wandern in den rundlichen Nockbergen, winters zum Langlauf und zum Skifahren auf der Gerlitzeralm. „Seit über 200 Jahren in Familienbesitz bietet unser Hof das ganze Jahr hindurch jene Atmosphäre der Ruhe und Geborgenheit, die es ihnen leicht macht, sich zu besinnen, zu sich selbst zu finden und das Glück in der Familie zu spüren – in einer Harmonie, die durch die Landschaft und das Leben auf dem Bauernhof bestimmt ist“, verspricht das Prospekt des Palzerhofs. So ist es auch: Elisabeth Vierbauch ist eine agile, kräftige Bäuerin, der Sohn Kalli gestandener Bauer, und Tochter Caroline bastelt abends mit den Gastkindern. Nichts stört die ländliche Ruhe im abgelegenen Arriachtal, starke Reize versprüht allenfalls das Alpenglühen am Abend.

Den Kindern – harmoniesüchtig, wie sie nun mal sind – macht es großen Spaß hier. Sie spielen miteinander im Stall, melken, tollen auf der Wiese, planschen am Wasser und verstecken sich im Wald. Und auch den erwachsenen Gästen tut die Ruhe sichtlich wohl – mag mancher auch abends möglicherweise ein Bier mehr trinken, um noch schneller und noch tiefer zu schlafen.

Die Familie Vierbauch betreibt Bergbauernwirtschaft, dank Kalli, dem Sohn. Der ist ganz Bauer und arbeitet von morgens früh bis abends spät im Wald, auf der Alm und im Stall. Tourismus ist für die Vierbauchs wie für viele anderen Kärntner-Bauern ein Zubrot. Ein Zubrot, das die Bäuerin Elisabeth Vierbauch managt. Sie kocht, kommuniziert, organisiert und vertreibt ihr Angebot. Und sie ist Mitinitiatorin der Arriacher Wurzel-Purzel-Welt: Erlebniswandern für Kinder nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel. Die Kinder sammeln Materialien und Pflanzen, bauen Dämme im Bergbach, basteln. Auf dem Weg den Berg hinauf gibt es immer wieder Stationen zum Spielen und Rasten, dazu Holundersaft, gebackene Kartoffeln, selbst gebackenen Kuchen. Die Versorgung stimmt, die Länge des Weges auch. Berge machen Spaß, und Wandern ist gar nicht so langweilig. Die Arriacher Wurzel-Purzel-Welt ist Schnupperwandern für Kinder mit Animation.

Ohne Animation, ohne Event, ohne Inszenierung geht man auch in den Alpen nicht mehr, vor allem nicht in Österreich, speziell in Kärnten. Ob das Babydorf in Trebesing oder das Kräuterdorf in Irschen – jede Gemeinde versucht sich als eigenständige Marke auf dem hart umkämpften Tourismusmarkt zu profilieren. Der Kräutertee, den es bei Frau Vierbauch noch selbstverständlich selber gesammelt und getrocknet gibt, ist in Irschen Symbol touristischer Eindeutigkeit. Der unscheinbare Ort ernannte sich selbst zum Kräuterdorf. Die Bäuerinnen sammeln Kräuter, verarbeiten sie zum Tee und bieten sie zusammen mit selbst gemachtem Honig, Schnaps und Kräutersalz im örtlichen Kräuterladen an. Qualitative Produkte. Im Kräuterhotel Mandler steigen „Leute mit gesunder Lebenseinstellung ab, die auf Fernseher und Radio keinen Wert legen“, so der Besitzer. Das Restaurant serviert selbstverständlich keine Cola, dafür viele selbst gemachte Säfte und Ökowein. Was Irschen die Kräuter, sind Trebesing die Babys. Vom riesigen Schnuller an der Ortseinfahrt bis zum Wickeltisch noch in der unscheinbarsten Herberge – hier regiert das Baby, das Kleinkind. Warum soll Arriach also nicht mit Wurzel-Purzel bei so viel kreativem Management mithalten?

Die Vierbauchs sind sich trotz alledem treu geblieben. Sicher, die neue Anrichte im Essraum zielt auf die perfekte Gaststube. Und die Tochter Caroline, die in einem Fünf-Sterne-Haus auf der Thurau zur Lehre geht, bringt professionelle Innovation vom Service bis zur Präsentation ins Haus. Sie wünscht es sich ein bisschen ordentlicher in der 50-qm-Wohnküche. Aber die Wohnküche der Vierbauchs wird nun mal multifunktional als Wohnzimmer, Küche und Rezeption genutzt. Da ist es schwer, sterilen Ordnungsstandard durchzuhalten. Und eigentlich macht das den Charme des Palzerhofs aus. Die Vierbauchs haben ihre Marktnische bestens besetzt: Urlaub auf einem echten Bauernof, kein Bauernhofverschnitt mit Heubad und Franzbranntwein-Massage. Mit dem Selbstgebrannten reiben sich die Vierbauchs auch selber ein. „Tourismus“, meint Elisabeth Vierbauch, „ist eine Gratwanderung. Unser Gemeinschaftsleben darf nicht zum Kitsch werden in dem Sinne, dass wir für Touristen Feste feiern, die wir nie gefeiert haben, und alle andere Geselligkeit ausstirbt.“

Palzerhof, Familie Vierbauch, 9543 Arriach, Innerteuchen 13, Tel./Fax. 0043-4247-8152, günstige Preise mit Kinderermäßigung

Purzel-Wurzel-Welt, Arriacher Werkstube, 9543 Arriach 26, Tel. 0043-4247-8608

Kärnten Information, Casinoplatz 1, 9220 Velden, 0043-463-3000

Hinweis:Vierbauchs haben eine Marktnische besetzt: Urlaub auf einem echten Bauernhof ohne Heubad und Franzbranntwein-Massage.