Golf, Gott & Peter Hahne

Wie Golfprofi Bernhard Langer am Rande der German Masters unter die Fundamentalchristen geriet und von Gottes irdischer Stalinorgel lobgepriesen wurde    ■ Aus Köln Bernd Müllender

Bernhard Langer stand recht ratlos am vorletzten Loch. Regen peitschte hernieder, fast musste sich Deutschlands erfolgreicher Golfprofi wegen des Sturms an seinem Schläger festhalten. Dann nahm er den falschen (den mächtigen Driver an einem Par 3) und schoss, weil die Böen kurz drehten, weit übers Ziel hinaus. „Nicht ganz so angenehm“ nannte er nachher freundlich, wie es halt seine Art ist, die Umstände. Immerhin: Mit einer guten 70 (2 unter Platzstandard) beendete er den ersten Tag der Regenschirm Open vor den Toren Kölns und platzierte sich im oberen Viertel des stargespickten Teilnehmerfeldes.

Langer konnte froh sein, dass er seine Runde überhaupt beenden konnte. Kurz darauf waren die German Masters (das dritthöchst dotierte Turnier Europas/3,75 Millionen Preisgeld) unterbrochen worden. Ärgerlich, aber nicht tragisch, denn das wahre Golfereignis fand ohnehin nicht auf dem Grün statt, sondern Donnerstagabend im golddurchwirkten Saal Belvedere eines noblen Kölner Hotels. Die Konferenz Evangelialer Publizisten (KEP) überreichte Langer den „Goldenen Kompass“ für seinen zweiseitigen Artikel in der Welt am Sonntag: „Mein Leben zwischen Golf und Gott“.

Schwerblütig schmetterte ein Operntenor christliches Liedgut, Festredner priesen mit Bibelversen ihren fundamentalistischen Verbund (Bibelverleger, hessischer „Evangeliums-Rundfunk“), der sich, konnte man hören, „Verunglimpfungen christlichen Glaubens“ entgegenstemmt und Satire als „Zeichen für Werteverfall“ brandmarkt. Die eigene Auszeichnung nennt man den „christlichen Grammy“, er traf auch schon Heinz Rühmann und Wim Thoelke. Bernhard Langer saß da im eleganten Zweireiher und mit chicer goldrandiger Brille, und man wusste nicht, ob er sich wirklich wohl fühlte.

Einer der Laudatoren war Peter Hahne. Ja, genau der Peter Hahne vom ZDF, jene „multimediale Allzweckwaffe und Boulevard-Edelfeder, die noch aus jeder Buchstabensuppe einen Bibelvers machen kann“, wie er sich launig vorstellen ließ. Hahne lobpries Langers Engagement, grinsendgrinsendgrinsend wie im Fernsehen, die Augen stets zusammengekniffen, der Mund unaufhörlich im Einsatz: Gottes irdische Stalinorgel.

Im Predigerstil nannte Hahne es tröstend, wenn jemand „in schweren Zeiten Zuflucht bei Gott“ suche, das sei mitnichten „frömmelnd, altmodisch, peinlich oder Privatsache“. Hahne glaubt wirklich. Etwa, dass „die besten Journalisten von Bild kommen“. Ein KEP-Vorständler verglich Langer derweil mit dem gefürchteten Prediger Billy Graham, der einmal gesagt habe: „Ich spiele Golf, damit ich für Gott in Form bleibe.“ Langer lächelte höflich.

Geschrieben hatte er in der WamS von seinem alltäglichen Glauben, der Bibelgruppe auf der Profitour, wie er „geistig in Gottes Familie hineingeboren“ wurde. Und wie er als Schüler „in Englisch und Mathematik absichtlich durchfiel, damit ich in unsere Dorfschule zurückkehren konnte“. Die lag nämlich näher am Golfplatz. Den KEPlern dankte er mit dem humorvollen Hinweis, dass sein Englisch mittlerweile passabel sei und auch das Rechnen ausreiche, „um allein meine Score-Karten auszufüllen“.

Langer schrieb nicht von seinen derzeit hochfrequenten Werbespots im US-Fernsehen für biblische Literatur. Sein Artikel endete mit einer Anzeige – einer des KEP. Darin wurden Sex und Gotteslästerung im Fernsehen angeprangert. Soweit die engeren Zusammenhänge.

Der arme Langer. Nicht dass er vorgeprescht wäre, sein Leben für Gott niederzuschreiben. Ein WamS-Journalist hatte mit ihm geplaudert, wie er mittags im Pressezelt der German Masters stolz kundgetan hatte, und die Antworten in einen Text gegossen. „Kriegste wenigstens die Hälfte des Preisgeldes?“, stichelte der FAZ-Kollege den Ghostwriter. Soweit also diese Zusammenhänge.

Langer, mit 42 an der Golfer-Schwelle zum Jungseniorenalter, wird die German Masters auch mit Gottes Hilfe kaum mehr gewinnen. Vielleicht nie mehr, wie er selbst offen einräumte. Der derzeit gern erzählte Golferwitz kann ihm jedoch eine gewisse Zuversicht geben: Fragt ein Golfer eine Wahrsagerin, ob es im Himmel denn Golfplätze gebe. „Erst die gute Nachricht: Ja, viele sogar, und sie sind traumhaft schön, das reinste Paradies.“ – „Und die schlechte?“ – „Sie haben morgen früh um 8 Uhr 30 Ihren ersten Abschlag.“