Besorgnis erregend“

■ Igal Avidan, Korrespondent der israelischen Zeitung Maariv, fordert die Aufmerksamkeit aller

taz: Fühlen Sie sich nach der Schändung des jüdischen Friedhofes in Weißensee noch sicher in der deutschen Hauptstadt?

Igal Avidan: Lebende Juden sind sicher. Die Frage ist aber, ob sie hier ihre letzte Ruhe finden können.

Hat der Antisemitismus zugenommen? Israels Präsident Eser Weizman forderte bereits die österreichischen Juden auf, die Alpenrepublik wegen Haiders Wahlerfolg zu verlassen.

Viele Juden wollen das Land auch so verlassen. Nicht, weil sie selbst bedroht sind, sondern weil sie nicht in einem Land leben wollen, in dem rechte Politiker Stimmung gegen Ausländer machen. Die Juden wissen ganz genau, dass damit alle Minderheiten gemeint sind. Besorgnis erregend ist auch, dass in Deutschland antisemitische Straftaten an bestimmten Daten gehäuft auftreten: am 9. November oder am Tag der deutschen Einheit zum Beispiel. Da muss man besonders aufmerksam sein. Und zwar nicht nur die Polizei, sondern die ganze Gesellschaft.

Fürchten Sie für Berlin einen Wahlerfolg der rechten Parteien wie in Brandenburg?

Nein, die Republikaner haben nicht so viel Geld wie die DVU. Außerdem sind es die Berliner gewöhnt, mit Ausländern zusammenzuleben, obwohl die Große Koalition schlecht regiert hat. Das Beispiel Österreich zeigt auch, wie gefährlich eine jahrelange Große Koalition sein kann. Diese bietet Rechtsradikalen die Chance, sich als vermeintlich wahre Opposition darzustellen. Vor dieser Gefahr ist auch Berlin nicht gefeit. Interview: Richard Rother