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■ Stadtteilmanager versuchen, die ethnischen Probleme vor Ort zu lösen. Eine Kritik

Was kann in Stadtteilen mit hoher Arbeitslosigkeit und geringen Zugangsmöglichkeiten zur politischen Partizipation getan werden, damit die sozialen und ethnischen Konfliktpotentiale nicht ausbrechen? Ein Blick zurück zeigt, auf welch niedrigem Niveau heute über Lösungen diskutiert wird.

Bis in die 80er Jahre wurde der soziale Ausgleich in der Stadt durch die staatliche Umverteilungspolitik via Sozialsysteme sichergestellt. Ergänzt wurde dies von einer Stadtentwicklungs- und einer offensiven Bildungspolitik, die bildungsferne Schichten an qualifizierte Berufsabschlüsse heranführte. Leitbild der politischen Eliten war die integrierte Gesellschaft. Heute glaubt die Mehrheit, sich all dies nicht mehr leisten zu können. Die Folge: Die Desintegration schreitet voran und konzentriert sich in den sozialen Brennpunkten der Städte. Die Antworten lauten nun: Diskussion um den Missbrauch der Sozialsysteme, und in der Kriminalitätspolitik wird Prävention durch Null-Toleranz-Strategien ersetzt.

Noch hat die Politik sich nicht vollständig mit der Teilung der Stadt abgfunden. Und seit einigen Jahren wird in Städten wie Hamburg und Berlin das Stadtteil- oder Quartiersmanagement als Zauberformel gegen den Zerfall der städtischen Öffentlichkeit gehandelt. Danach sollen auf Quartiersebene Rahmenbedingungen für nachhaltige soziale und ökonomische Entwicklungsprozesse geschaffen werden. Die personellen, räumlichen und institutionellen Ressourcen, die im Quartier vorhanden sind, will man mobilisieren. Gemacht werden soll, was „milieugerecht“ ist. Ein feiner Ansatz mit Anleihen an kommunitaristischen Modellen.

Ein problematischer Ansatz. In Stadtteilen wie Berlin-Kreuzberg sind islamistische Organisationen die agilsten und rührigsten. In Ostdeutschland ist es häufig die rechte Szene. Sind das die institutionellen Ressourcen vor Ort, die durch das Stadteilmanagement aktiviert werden sollen? Einen weiteren Vorwurf muss sich der Ansatz gefallen lassen: Es geht nicht mehr darum, die Menschen aus sozial schwachen Schichten für eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu befähigen. Ziel ist es vielmehr, die Menschen zu begnügen in ihrem beschränkten Dasein zwischen Eckkneipe, Döner-Bude, Gemüseladen und Flickschusterei. Denn dies sei schließlich ihr Heimatbezirk. Ein Vorbereitung auf die sich rasant entwickelnde Informationsgesellschaft ist Stadtteilmanagement erklärtermaßen nicht.