Gründe für's Kopftuch

■ Muslimische Frauen reden über ihren Glauben. Interview-Protokolle sind als Buch erschienen

In einer Kooperation von senatorischer Behörde und Evangelischer Kirche ist eine bemerkenswerte Dokumentation entstanden: „Muslimische Frauen in Deutschland erzählen über ihren Glauben“ ist der Titel und auch das Programm. Elf muslimische Frauen aus Bremen kommen in dem Buch authentisch zu Wort, die Interviews sind ano-nym geführt worden – dem verdanken die Texte ihre Offenheit.

Entstanden war die Idee im Rahmen der Arbeit des Referenten für Ausländerintegration, der die Moscheen vorgestellt hatte und dabei darüber stolperte, dass da nur Männer zu Wort kommen. Auch vor dem Hintergrund der vielen Sprachlosigkeiten zwischen der deutschen Kultur und frommen muslimischen Frauen, die in der Öffentlichkeit vor allem als Verschleierte auffallen, ist der Plan entstanden, in Interviews diese Frauen zum Reden zu bringen. Nicht die (anonym bleibenden) Interviewten, sondern fünf andere muslimische Frauen werden am Freitagabend in einer öffentlichen Veranstaltung (20 Uhr, Akademie für Arbeit und Politik, Parkallee 39) über das Buch und sein Thema reden.

„Ich habe noch nie ein Kopftuch getragen“, sagt da etwa „Aysegül“, eine 32-jährige Frau. „Meiner Meinung nach gehört das Tragen des Kopftuches nicht zu den religiösen Pflichten. Wenn man Frauen, die das Kopftuch tragen, danach fragt, warum sie es tragen, tun sie es oft nur, damit fremde Männer nicht ihre Haare sehen können. Denn die Haare einer Frau sind erregend für Männer.“ Aysegül lebt seit 32 Jahren in Deutschland, versteht sich durchaus als religiös: „Ich bete jede Nacht, bevor ich ins Bett gehe“, sagt sie, will aber ihre Haare nicht verstecken: „Das ist für mich unsinnig. Ich glaube auch nicht, dass das im Koran steht. Das passt den islamischen Männern so, deshalb legen sie den Koran so aus.“

Das Buch dokumentiert, wie weit die kulturellen Vorstellungen unter islamischen Frauen auseinander gehen. Wenige Seiten weiter kommt die libanesische Palästinenserin „Marwa“ zu Wort, die mit dem Sohn einer Bekannten ihrer Mutter verheiratet wurde. „Bei uns ist das normalerweise so“, sagt sie, „solange es sonst keine Liebesgeschichte gibt, verheiratet man sich auf diesem Weg.“ Ihr gibt der Islam Halt und Kraft: „Als Ehefrau weiß ich z.B. durch den Islam, dass ich mich nicht für andere Männer inte-ressieren sollte, sondern nur für meinen Ehemann. Ich suche Zufriedenheit im meinem Zuhause und nicht draußen.“ Oder: „Gott hat die Frau für den Mann geschaffen.“ Marwa ist sich in der Kopftuch-Frage dabei mit Aysegül einig: „Das Kopftuch, wenn man es trägt, sorgt dafür, die Frau vor anderen Männern und ihren Blicken zu schützen.“ Das Frauenbild dieser Interview-Partnerin bestätigt Vorurteile: „Ich bin zu Hause wie alle anderen Frauen auch. Ich habe einen sehr guten Mann ...“ K.W.

Freitag, 20 Uhr, Parkallee 39