■ Urdrüs wahre Bremer Geschichten
: Weil's einfach netter ist

Ich kenne ihn nur zu gut, den kindisch-germanischen Drang zum Stabreim, doch ob ich so weit gehen würde wie der Kinderschutzbund in Niedersachsen und eine Vortragsreihe zum frühkindlichen Essverhalten mit dem Titel „Von der Brust zum Butterbrot“ zu brandmarken, das will ich erst einmal offen lassen.

Ob ich eben mal drei Minuten auf ihr Fahrrad aufpassen könne, fragt mich eine ziemlich junge Bremerin vor einer Arztpraxis in Dobbennähe. Sie habe leider ihr Bügelschloss vergessen. Nun gut, solch Spontanvertrauen ehrt. Ich warte fünf Minuten, zehn Minuten, eine Viertelstunde. Verstohlen blicke ich mich bereits um, ob irgendwo ein Team mit versteckter Kamera lauert, um den Deppen der Nation vorzuführen. Als ich mich endlich nach einer knappen halben Stunde entschlossen habe, das edle Bike seinem ziemlich gewissen Schicksal zu überlassen, kommt das Frollein doch noch und flötet, nun habe es leider leider ein paar Sekunden länger gedauert. Beim nächsten Mal setze ich in solchen Fällen mein verworfenstes Fahrraddiebsgesicht auf bzw. blinzel aus der Jacke wie Hartmut Perschau. Oder fahre mit dem Teil gleich zum nächsten Flohmarkt!

All'die Jubelei ums schnieke neue Walle-Center, wo es doch wieder mal nur um Money Money Money geht und um noch mehr Verkehr und weniger Menschlichkeit: Dieser neuen Offensive der Handelsriesen und Filialisten setzen wir trotzig entgegen: „Kauft Wurst und Schnaps bei Herbert Busch im Steffensweg!“ Weil's einfach netter ist.

All seine letzten Kräfte bot einst der Sage nach der Krüppel von Bremen auf, um seinen Zeitgenossen und der Nachwelt Bürgerpark und Bürgerweide mit Gunst der Gräfin Emma in möglichst weiträumiger Form zu sichern. Und allen Schwüren und Versprechungen gegenüber den Mandelbudenbetreibern, Schiffschaukelbesitzern und Luftballon-Onkels zum Trotz knabbert das verderbte Gesindel seit Jahr und Tag immer mehr weg von der Freimarkt-Fläche, um das Pleite-Unternehmen CieCieBie immer weiter aufzublähen, damit immer mehr Führungspersonal aus dieser Krippe fressen kann. Ist das vielleicht der eigentliche Grund, warum der verdiente Marktmeister Wolfgang Ahrens als Streiter für die ungeschmälerte Bürgerweide wegen ein paar Flaschen Schampus und der einen oder anderen Aufmerksamkeit von den Schaustelllern durch die Mächte der Finsternis in Politik und Verwaltung abserviert werden soll?

Für die Hallen 4-6 hat die zuständige HVG bislang noch keine Auslastung erreicht und doch soll eine neue Investitionsruine her: Welche Methode hat dieser Wahnsinn? Welcher großkoalitionäre Onkel Hombach aus dem sizilianischen Teil Bremens will hier seine Datscha von den Patenkindern nebenbei hochziehen lassen? Schlicht zum Kotzen!

Alarmiert hat mich die taz-Meldung „Bremer Lehrer lernen Gentechnik“. Werden etwa jetzt die Streber geklont und die Klassenkasper, Unterrichtsverweigerer und Widerspenstlerinnen nach genetischer Früherkennung ausgemerzt? Besonders beunruhigend, dass die Lämpels auch noch mit einem „praxistauglichen Genbaukasten“ für den Schulgebrauch ausgestattet werden sollen: Noch nie von Jekyll & Hyde gehört?

Da wo bei Comet am Ziegenmarkt der Kunde das Wort hat, da bietet auch der vielseitige kleine Yogimann aus der Nachbarschaft seine Dienste an: „Bei mir lernst du für kleines Geld Obertonsingen, dynamische Meditation, Didgeridoo. Außerdem Einführung in das intuitive Tarot, in Sufi-Tanz und NLP sowie Sprachkurse in Spanisch und Portugiesisch. Unbedingt vor November melden!“ Denn dann nimmt dieser universell gebildete Claus mit C vermutlich ein Bad mit den Elfen in den heißen Quellen auf Island, schwenkt den Pillermann als Eintänzer im Tantra-Seminar, macht den Taxischein oder schreibt seine Diplomarbeit in Elektrotechnik ...

Sippenoberhaupt Dan Kelly hat einen Schlaganfall erlitten. Gefährdet das am Ende den Auftritt der Rest-Family in Bremen? Fragt sich und euch in großer Sorge. Ulrich „Angelo“ Reineking