■ Der Parteitag der britischen Tories fiel uninspiriert aus
: Der Bunker-Konservatismus

William Hague, der Vorsitzende der britischen Tories, hat nichts kapiert. Auf dem Parteitag der Konservativen in Blackpool beschuldigt er den Premierminister Tony Blair, sich vor den Parlamentswahlen 1997 als Konservativer ausgegeben und nun den „Kräften des Konservatismus“ den Kampf angesagt zu haben. Ganz falsch. Hague verkennt, dass Blair die politischen Kategorien längst auf den Kopf gestellt hat. Denn wenn Blair von den „Kräften des Konservatismus“ spricht, meint er die Labour-Linke.

Blairs reale Politik ist hingegen die konsequente Fortsetzung der Tory-Linie, was Recht und Ordnung, Staatsausgaben, Asylpolitik, Sozialgesetzgebung und vieles andere angeht. Die Wähler haben das verstanden. Blair ist so beliebt wie kaum ein Premier nach der Hälfte seiner ersten Amtszeit.

Weil Labour die traditionellen Tory-Positionen so komplett abdeckt, hat Hague seine Partei weit nach rechts gerückt. Seine Ansichten über Europa stimmen mit denen Margaret Thatchers überein, die feststellte, dass in ihrem Leben alle Probleme vom europäischen Festland ausgingen. Hague formuliert das etwas eleganter, denn im Gegensatz zu Thatcher hat er den Bezug zur Realität noch nicht ganz verloren. In der Ablehnung der Währungsunion ist er genauso knallhart wie Thatcher. Ein Meinungsumschwung kommt für Hague nicht mehr in Frage, denn dann gingen auch die letzten Reste seiner Glaubwürdigkeit verloren.

Die Tories stehen so weit rechts, dass ein Mann wie Michael Portillo – bis zu den verlorenen Wahlen noch thatcheristischer als Thatcher selbst – nun liberal erscheint. Sein politisches Manifest enthält Schlagworte wie „kulturelle Vielfalt“, „Menschlichkeit“, „soziale Probleme“ und „Kooperation mit Europa“. Es wird ihm für sein Comeback nichts nützen, wenn der Westlondoner Kreisverband demnächst seinen Kandidaten für die Nachwahl benennt, die aufgrund von Alan Clarkes Tod notwendig geworden ist. Der Kreisverband ist so erzkonservativ, dass Portillo an seinem Eingeständnis von „früheren homosexuellen Erfahrungen“ scheitern wird.

Vom linken Parteiflügel, wenn man ihn so nennen will, melden sich lediglich die langjährigen Proeuropäer Ken Clarke und Michael Heseltine lautstark zu Wort. Der Rest hält still. Man hofft darauf, dass die Zeit das Problem Hague und seinen Bunker-Konservatismus erledigen wird. Tritt das nicht ein, bleibt den Tories nur die Spaltung. Labour hat es 1982 vorgemacht. Ralf Sotscheck