Salziges Meerwasser tötet Süßwasser-Lebewesen

■ Naturschützer warnen vor geplantem Sperrwerk, mit dem die Ems angestaut werden soll

Bremen (taz) – Für die Umweltstiftung World Wide Fund for Nature(WWF) ist klar: „Staufall heißt Störfall.“ Gestern präsentierte der WWF in Bremen eine Studie, die eine erste wissenschaftliche Gesamtschau der ökologischen Schäden liefert, die beim Bau des umstrittenen Ems-Sperrwerks auftreten könnten. Fazit der Untersuchung: Falls das 353-Millionen-Mark-Bollwerk kommt, bedeutet das nicht nur den Garaus für viele geschützte Wassertiere – auch mehrere durch EU-Richtlinien ausgewiesene Vogelschutzgebiete wären betroffen. „Das Stauwerk kann der Knock-out für die Ems sein“, sagte Holger Wesemüller, beim WWF zuständig für Meere und Küsten.

Offiziell dient das geplante Sperrwerk im niedersächsischen Gandersum dem Küstenschutz. Bei Hochwasser soll das Hinterland besser gegen Überschwemmungen geschützt werden. Kritiker aber sind seit Anfang der Planungen überzeugt, dass das Bauwerk vor allem der Meyer-Werft flussaufwärts in Papenburg nützt und damit eine indirekte Wirtschaftsförderung auf Kosten der Natur darstellt. Die Werft am Fluss baut Passagierschiffe mit immer größerem Tiefgang, die nur noch bis ins Meer gelangen können, wenn der Fluss kurzfristig aufgestaut wird. Nach dem Bau des Sperrwerks sollen neu gebaute Schiffe mit bis zu 8,5 Meter Tiefgang von Papenburg zum Meer fahren können.

Damit sich genug Wasser für eine Schiffsüberführung staut, muss salziges Meerwasser in den Fluss gepumpt werden. Jörn Hildebrandt von der Universität Lüneburg, der die Studie im Auftrag des WWF erstellt hat, sagt für solche Fälle ein Massensterben von Fischen und anderen Lebenwesen im Süßwasserbereich der Ems vorher.

Außerdem wird befürchtet, dass der Sauerstoffgehalt im Flusswasser bis unter 4 Milligramm pro Liter sinkt und so Kleinsttiere absterben, die anderen Tieren als Nahrung dienen. Teile der Vogelschutzgebiete würden im Staufall einfach überschwemmt. Wachtelkönig, Nonnengans oder Säbelschnäbler müssten dann das Weite suchen.

Das alles könne „langfristig zu einer Verödung der Ems führen“, warnt auch WWF-Expertin Beatrice Claus.

Bereits durch die viermalige Vertiefung der Fahrrinne seit 1984 seien viele Arten selten geworden. Wenn der Bund und das Land Niedersachsen nicht sofort umsteuern würden, könne das den „Todesstoß“ für die Ems bedeuten.

Christoph Dowe