Polyester und Gänseblümchen: „Harold und Maude“ im Ernst Deutsch Theater

Hässlich, diese kuscheligen Hauptgewinne bei Lotterien. Reines Polyester. Da hat kein Kind lange Freude dran. Wenn da nicht diese ekelige Gier wäre, geweckt durch die Überlebensgröße dieser Ungetümer. Später verstaubt das Biest dann, längst aus der Kinderstube verbannt, ungeliebt auf dem Dachboden.

Wie schafft es nur so ein hässlicher Ausbund an Scheußlichkeit im grauen Kleid eines putzigen Heuchlers mit herzerweichenden Knopfaugen auf die Bühne des Ernst-Deutsch-Theaters? Schon klar, in dem Kostüm steckt ein Mensch, der sich im Seehundgrunzen übt. Doch warum nur? Das sind klamottige, ganz und gar unnötige Szenen, die es Harold und Maude (Matthias Schlung und Gerda Gmelin) in der Regie von Hellmuth Matiasek schwierig machen, zum eigentlichen Kern der Sache vorzudringen.

Dabei ist der Gang der botschaftschwangeren Liebesgeschichte ziemlich deutlich vorgezeichnet. Hal Ashbys nach anfänglichem Flop längst zum amtlichen Kultfilm ausgewachsene Verfilmung der gleichnamigen Vorlage von Colin Higgins kennt wohl jeder: Maude liebt das Leben und auch Harold, Harold liebt vor allem Maude, dann aber auch das Leben. Wegweisend ist Maudes Motto: „Das Bekannte kenne ich, das Unbekannte will ich kennenlernen.“

Viel, viel zu aufwendige Szenenwechsel schaffen diesen Spannungsbogen nicht, die Requisitenfülle zerstreut das Spiel anstatt es zu fokussieren. Kaum haben sich die Schauspieler warmgespielt, zerstört ein Gag die langsam aufgetaute Stimmung. Zu oft verschwindet die Bühne anschließend im ultramarinen Bereich. Während dieser Pausen hat man dann Zeit, sich nach etwas unprätentiöserem Spiel zu sehnen, das Raum für das Zarte zwischen Harold und Maude lässt.

Natürlich ist Maude auch eine ganz Handfeste, eine, die mit ihren stolzen 80 Jahren Naivität, Flapsigkeit und Humor in sich vereint. Besonders dieser Charakterzug ist es, den Gerda Gmelin authentisch spielt: Sätze wie „Champagner schadet nicht – ist organisch“ kommen so überzeugend, dass man sie sofort ins eigene Repertoire übernehmen muss. Manchmal allerdings geht das Burschikose mit Gmelin durch.

Dann verliert etwa die Parabel von den Gänseblümchen, die trotz ihrer Ähnlichkeit alle Individuen sind, an Ernst und Weisheit. Schlung überzeugt neben Gmelin als verstockter, sich langsam emanzipierender Jugendlicher. Die beiden geben ein würdevolles und doch erfrischendes Paar. Robben stören da nur. Liv Heidbüchel

noch bis 13. November, Ernst-Deutsch-Theater, Ulmenau 25, jeweils 19.30 Uhr,