Krankenkassen stehen kurz vor der Pleite

■ Bei AOK und BKK sind Schulden in Milliardenhöhe angelaufen. Grüne sprechen von „extremer Konkursgefahr“ und fordern eine Rettung der Berliner Kassen durch den Bund

Die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) steht finanziell am Abgrund. Nach einem Bericht des Focus hat die Krankenkasse 1,22 Milliarden Mark Schulden angehäuft. Bei der Betriebskrankenkasse (BKK) Berlin sieht es auch nicht besser aus. Der Schuldenstand der BKK, bei der die meisten MitarbeiterInnen des öffentlichen Dienstes versichert sind, lag 1996 bei circa 260 Millionen Mark und liegt jetzt bereits bei 850 Millionen Mark. Das Nachrichtenmagazin bezieht sich auf Daten des Bundesgesundheitsministeriums.

Rainer Daubenbüchel, Präsident des Bundesversicherungsamtes, wirft im Focus den Kassen vor, sie hätten „aus Wettbewerbsgründen Beitragserhöhungen zu lange hinausgezögert“ und sich so in eine Schuldenfalle hineinmanövriert. Die BKK mit rund 140.000 Mitgliedern war bis vor einem Monat mit 15,3 Prozent Beitragssatz die teuerste Kasse in der Bundesrepublik. Die Beiträge wurden auf 14,8 Prozent herabgesetzt, was jedoch einen Einnahmeausfall von 35 Millionen Mark im Jahr bedeutet und die finanzielle Situation erheblich verschärft. Die Berliner BKK bekommt von ihrem Bundesverband jährlich 40 Millionen Mark Unterstützung.

Die AOK, bei der besonders viele Arbeitslose, Arme und Alte versichert sind, ist die größte Kasse in Berlin, sie hat rund 760.000 Mitglieder. Die „Gesundheitskasse“ bekommt derzeit einen Zuschuss von 300 Millionen Mark jährlich von der Bundes-AOK – sonst würde der Satz der Berliner AOK von jetzt 14,9 Prozent auf 17 Prozent steigen.

Nach Angaben des gesundheitspolitischen Sprecher der Grünen ist die Finanznot der Berliner Kassen „bedrohlicher als bisher angenommen“. BKK und AOK stünden vor dem Offenbarungseid. Der Überschuldungsgrad habe Dimensionen angenommen, die allein mit Berliner Anstrengungen nicht mehr zu bewältigen seien. Nach Darstellung von Köppl ist auch durch weitere Einsparungen bei der medizinischen Versorgung die „extreme Konkursgefahr“ nicht mehr abzuwenden. Das Berliner Gesundheitswesen dürfe nicht „zu Tode gespart“ werden. Notwendig sei eine Analyse, welche Leistungen in Berlin auch für die übrigen Länder erbracht werden könnten, etwa die Versorgung von Aids-Patienten. Auch müsse der Bund eine konzertierte Aktion zur Rettung des Berliner Gesundheitswesens starten. nau