Unschuldige leiden im grünen Gegenwind

■ Die Verlierer: Die Berliner Grünen hadern nach Verlusten mit der Bundespartei und fordern die SPD zur gemeinsamen Opposition auf

Das Metropol im Berliner Bezirk Schöneberg hat bessere Zeiten gesehen. In den 80er-Jahren fanden hier rauschende Rockkonzerte statt. Heute ist es nur eine mäßig erfolgreiche Disko. Die Berliner Grünen, auch rauschend in den 80ern, hatten dort gestern ihre Wahlparty. Mäßig rauschend. Kein Wunder: Sie kommen nach einer Hochrechnung (20 Uhr) auf knapp 10 Prozent (1995 13,3 Prozent). Um ein Viertel geschrumpft – da konnten auch die Sonnenblumen und grünen Luftballons in dem dunklen, rot beleuchteten Saal die Stimmung nicht aufhellen.

„Wir haben den grünen Abwärtstrend nicht stoppen können“, sagte die Berliner Spitzenkandidatin Renate Künast. Für sie kam das wenig überraschend. Grund: „Wir haben nicht Rückenwind, sondern Gegenwind von der Bundespartei mit ihren Struktur- und Personaldebatten bekommen.“ Bundesvorstandssprecherin Gunda Röstel dagegen erlebte „eine echte Enttäuschung, obwohl dieser Landesverband sehr fit ist. Sie haben kein Verschulden.“ Auch sie bezichtigt den Bundestrend.

Bernd Köppl, seit zwei Legislaturperioden für die Grünen im Abgeordnetenhaus, sieht jetzt die Bundespartei massiv unter Druck kommen. „Wir müssen das grüne Profil schärfen“, sagt er. Im Wahlkampf habe er immer wieder erlebt, dass die Menschen sich für Rentenreform oder Sparpaket interessierten, jedoch nicht für die Berliner Landespolitik. Es werde zwar schwer sein, mit einem so schlechten Ergebnis in der Opposition zu starten – er immerhin ist dennoch zuversichtlich. Köppl fordert auch die Berliner SPD auf, in die Opposition zu gehen. „Die CDU saugt die SPD aus.“ In der Opposition könnte man gemeinsam neue Perspektiven entwickeln. Außerdem sei dies die letzte Wahl, bei der die CDU die PDS als Schreckgespenst hätte benutzen können. Die PDS sei eine normale Partei, mit der man über eine Tolerierung oder Koalition diskutieren müsse. Julia Naumann, Berlin