Denkzettelchen für CSU-Chef Edmund Stoiber

■  Zehn Prozent der Delegierten auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg verweigern dem bayerischen Ministerpräsidenten die Gefolgschaft

Nürnberg (dpa/AFP/taz) – Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hat bei seiner Wiederwahl zum CSU-Chef auf dem Parteitag in Nürnberg einen kleinen Denkzettel erhalten. Nach dem Wirbel um seinen früheren Justizminister Alfred Sauter schnitt Stoiber am Samstag mit genau 90 Prozent der Stimmen um 3,4 Prozentpunkte schlechter ab als bei seinem Amtsantritt vor neun Monaten.

Auf Stoiber entfielen bei den Vorstandswahlen 828 von 920 gültigen Stimmen. 22 Stimmen waren ungültig. „Ich nehme die Wahl mit Stolz und Vertrauen an“, sagte er unter dem Beifall der rund 1.000 Delegierten in der Nürnberger Frankenhalle. Stoibers Ergebnis ist das viertschlechteste Resultat bei den Wahlen zum CSU-Vorsitz in den vergangenen 40 Jahren. „Ich bin über dieses Ergebnis sehr glücklich“, sagte er.

Auch der frühere bayerische Justizminister Sauter war gegen den Willen der Parteispitze erneut für ein Vorstandsamt angetreten, er erreichte jedoch mit 29,9 Prozent nur einen Achtungserfolg. Sauter hatte sich Anfang September spektakulär gegen seine Entlassung durch Stoiber im Zuge der LWS-Affäre gewehrt. In Nürnberg räumte Stoiber zwar eigene Fehler ein, spielte die Bedeutung diverser Skandale aber herunter: „Da werden Nebensachen zu großen Schlagzeilen hochstilisiert.“

Die Debatte um das CSU-Steuerkonzept wurde durch kritische Äußerungen von Ex-Bundesfinanzminister Theo Waigel angeheizt. „Eine höhere Nettokreditaufnahme kommt nicht in Frage“, sagte er. Kein anderes Land in Europa steuere derzeit einen Kurs, der auf höhere Schulden ziele. Wenn Deutschland hier ausschere, wäre dies „ein verheerendes Signal für die Finanzmärkte“. Auch der als Gastredner geladene CDU-Chef Wolfgang Schäuble, der selbst wiederholt einen Wert von 30 Milliarden Mark für die angestrebte Steuerentlastung genannt hat, äußerte sich zurückhaltend: „Über Entlastungsvolumina kann man reden“, sagte der CDU-Chef. Stoiber bekräftigte dagegen das CSU-Konzept. Es werde „einen deutlichen Wachstums- und Beschäftigungsschub auslösen“ und sich so weitgehend selbst finanzieren.

Stoiber zog in seiner Parteitagsrede eine vernichtende Bilanz der Regierungsarbeit von Bundeskanzler Schröder, den der CSU-Chef für den Rückgang des wirtschaftlichen Wachstums verantwortlich machte: „Das ist Ihr Abschwung.“ CDU und CSU „bestimmen wieder die Themen“. Auch Schäuble hatte zuvor Schröder direkt für die Stagnation auf dem Arbeitsmarkt verantwortlich gemacht: „Wäre die wirtschaftliche Entwicklung vom vergangenen Jahr weitergegangen, hätten wir heute eine halbe Million Arbeitslose weniger.“

Bei der Wiederwahl der vier Stellvertreter Stoibers erzielte der frühere Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer das Rekordergebnis von 96,8 Prozent (1997: 94,6 Prozent). Deutliche Stimmenverluste musste Monika Hohlmeier, geborene Strauß, mit 83,6 (91,0) Prozent hinnehmen. Die Familie Strauß sieht sich derzeit Vorwürfen im Zusammenhang mit der Schmiergeldaffäre um den deutsch-kanadischen Waffenhändler Karlheinz Schreiber ausgesetzt. klh

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