Kreuzhain wird grün-dunkelrot

■  Wenn im Januar 2001 Friedrichshain und Kreuzberg fusionieren, wollen die Grünen mit der PDS paktieren. In den meisten anderen Großbezirken hat die CDU Nase vorn

Nach der Fusion der 23 Bezirke zu 12 Großbezirken im Januar 2001 wird die CDU in den meisten Bezirken die dominierende Kraft sein. Besonders spannend wird es in den Teilen der Hauptstadt, in denen Ost- und Westbezirke zusammengelegt werden. Dort ist die Situation noch unklar.

In Spandau, Reinickendorf und Neukölln, die aufgrund ihrer Größe eigenständig bleiben, werden die alten BürgermeisterInnen die neuen sein. Dort erreichte die CDU die absolute Mehrheit. Konrad Birkholz, Marlies Wanjura und Bodo Manegold sollen in den nächsten Wochen wiedergewählt werden.

In den neuen Großbezirken Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg-Hohenschönhausen wird die PDS auch zukünftig den Bürgermeister stellen, denn in allen vier Einzelbezirken ist die PDS die stärkste Kraft. Dort muss sich die PDS nur noch über ihre zukünftigen Bürgermeister einigen. Deren Wahl wird wie bei den anderen fusionierten Bezirken Ende nächsten Jahres erfolgen.

In „Kreuzhain“ oder „Friedrichsberg“, dem zukünftigen Großbezirk Friedrichshain-Kreuzberg, werden sich die Konstellationen dagegen ändern, womöglich wird es zu einem PDS-Grünen-Bündnis kommen. Nach den BVV-Wahlen am Sonntag sind in Kreuzberg die Grünen die stärkste Fraktion – mit 31,5 Prozent der Stimmen. Im Friedrichshain ist es die PDS mit 40,5 Prozent. Wenn die beiden Bezirke im nächsten Herbst fusionieren, wird die PDS stärkste Partei sein. Sie hätte von 69 Sitzen im Bezirksparlament 18 Sitze, die Grünen nur 16.

Für den grünen Bürgermeister Franz Schulz ist jetzt schon klar, dass seine Partei mit der PDS eine Zählgemeinschaft bilden will, um den Bürgermeister zu stellen. „Die PDS ist eine demokratische Partei und steht uns programmatisch sehr nah“, begründet er das mögliche Bündnis. Er will in den nächsten Wochen Gespräche mit der PDS in Friedrichshain führen. „Im Sommer wird es Klarheit darüber geben.“ Schulz hofft, Bürgermeister zu bleiben. „Die PDS hat gar keinen Kandidaten aufgestellt.“ In Kreuzberg gibt es für die Grünen jedoch auch die Möglichkeit, mit der SPD zu paktieren, die im neuen Bezirk ebenfalls 16 Sitze hat. „Die fehlenden Stimmen müssen wir uns dann eben bei der PDS oder CDU bekommen“, sagt Schulz.

Die PDS hat nicht nur in Friedrichshain zugelegt, sondern auch in Kreuzberg erstmals den Einzug in die BVV geschafft. Dort zieht die transsexuelle Politikerin Michaele Lindner mit zwei weiteren MitstreiterInnen in die BVV ein. Der Kreuzberger CDU-Kreisvorsitzende Kurt Wansner nannte das PDS-Ergebnis gestern „schockierend“. Es werde keine Zusammenarbeit geben. Doch die gibt es bereits: In Friedrichshain hat die CDU in der Vergangengeheit desöfteren mit der PDS gestimmt.

Spannend wird es auch im künftigen Regierungsbezirk Mitte-Tiergarten-Wedding, in dessen BVV es 89 Sitze geben wird, weil drei Bezirke fusionieren. Dort ist die CDU in Zukunft mit Abstand die stärkste Fraktion (35 Sitze). Die SPD hat 25, die Grünen 13 Sitze. Der amtierende grüne Bürgermeister Jörn Jensen in Tiergarten ist damit aus dem Rennen und wahrscheinlich auch Hans Nisblé (SPD) im Wedding.

Der rote Wedding wird zukünftig wohl schwarz regiert, denn der derzeitige Bürgermeister Joachim Zeller (CDU) kündigte gestern an, Bürgermeister des neuen Großbezirks werden zu wollen. „Ich werden in Kürze Gespräche mit der der SPD und den Grünen führen, um eine Zählgemeinschaft zu bilden.“

Bereits 1995 gab es in Mitte eine Zählgemeinschaft der drei Parteien, um einen PDS-Bürgermeister zu verhindern. Die PDS ist im neuen Großbezirk mit nur 14 Verordneten vertreten, obwohl sie in Mitte fast 45 Prozent holte, in Tiergarten und Wedding nur 5 bzw. 6 Prozent.

Die grüne Bürgermeisterin in Schöneberg, Elisabeth Ziemer, wird wohl auch nicht mehr weiter regieren können, denn Schöneberg wird mit Tempelhof fusionieren, wo die CDU die absolute Mehrheit erreicht hat. In Prenzlauer Berg-Weißensee-Pankow ist die künftige Situation noch völlig ungewiss. Hier hat die PDS 35 Sitze, ist damit stärkste Fraktion. Womöglich gehen hier CDU, SPD und Grüne zusammen, um eine Zählgemeinschaft zu bilden. Die CDU würde dann als zweitstärkste Fraktion den Bürgermeister stellen. In Charlottenburg-Wilmersdorf wird ebenfalls ein CDU-Bürgermeister an der Spitze des vereinigten Bezirks stehen.

Julia Naumann