■ Umweltschutz: Wie Hans-Olaf Henkel Lobbypolitik macht
: Schröders offenes Ohr

Kioto 1997, Buenos Aires 1998, Bonn 1999 – die Tagungsorte für die Weltklimakonferenzen wechseln, der BDI-Präsident bleibt der gleiche: Hans-Olaf Henkel. Früher stellte er Umweltministerin Angela Merkel für Kioto ein Zeugnis erster Klasse aus („Frau Merkel hat Deutschland hervorragend vertreten“). Doch heute möchte er bei den Quoten, die als Konsequenz aus der Kioto-Vereinbarung ausgehandelt wurden, doch lieber nachbessern.

Henkel scheint sich vom New-Labour-Kanzler Schröder ein offeneres Ohr zu erhoffen als von Kohl. Wie sonst ist es zu erklären, dass er erst kürzlich zur Feder griff, um anzumahnen, dass die „unverhältnismäßige Belastung Deutschlands im Rahmen der EU-Lastenverteilung revidiert wird“.

Die EU-internen Quoten wurden 1998 ausgehandelt. Damals einigten sich die Mitgliedsstaaten verbindlich auf eine interne Lastenverteilung. Um durchschnittlich acht Prozent muss die EU ihre Emissionen reduzieren, Deutschland verpflichtete sich auf 21 Prozent und übernimmt damit den Löwenanteil des EU-Beitrags zum Klimaschutz.

Henkels Brief weckt in Brüssel unangenehme Erinnerungen. Dass die rot-grüne Bundesregierung bei Umweltabsprachen weniger verlässlich ist als die konservativen Vorgänger, haben die EU-Umweltminister schließlich schon bei der Altautorichtlinie erfahren müssen. Nach Intervention von VW-Chef Piäch und auf Anweisung des Bundeskanzlers sah sich Jürgen Trittin genötigt, im Umweltrat Nachbesserungen im Sinne der deutschen Autolobby zu verlangen. Nun hat Henkel den Bundesumweltminister mit dem Autrag zum Umweltrat nach Luxemburg geschickt, über das so genannte „Burden-Sharing“, die Lastenverteilung bei der Erfüllung des Kioto-Protokolls, noch mal ganz neu zu verhandeln. In Brüssel glaubt man an ein Missverständnis. Gewiss wolle Herr Henkel mit dem Brief an den Bundeskanzler nur eine bessere Position für die deutsche Industrie beim Emissionshandel herausschlagen. Bis zur 6. Vertragsstaatenkonferenz in Den Haag soll nämlich geklärt sein, nach welchen Spielregeln der Ablasshandel mit Treibhausgasen ablaufen wird. Länder, die ihre Reduktionsquote übererfüllen, sollen an Klimasünder Emissionszertifikate verkaufen können.

Es geht also um sehr viel Geld. Geringere Quoten kämen die deutsche Industrie allemal billiger als teure Zertifikate. Und Schröder, da kann der BDI-Präsident zuversichtlich sein, hat ein Herz für die notleidende deutsche Industrie. Daniela Weingärtner