Börsenrebell scheitert vor Bundesverfassungsgericht

■ Begrenzung des Rederechts von Kleinaktionären nicht grundgesetzwidrig

Freiburg (taz) – Der Vorstand einer Aktiengesellschaft darf Kleinaktionären das Rederecht zeitlich begrenzen und dann entziehen. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Es lehnte eine Klage des als „Börsenrebell“ bekannten Würzburger Wirtschaftsprofessors Ekkehard Wenger ab.

Wenger hatte sich als Inhaber einer (!) Daimler-Aktie im Jahr 1993 auf der Hauptversammlung vor der Entlastung des Vorstandes mit kritischen Fragen zu Wort gemeldet. Als er nach Ablauf seiner Redezeit von fünf Minuten weitersprach, hatte Aufsichtsratsvorsitzender Hilmar Kopper ihn des Saales verwiesen. Dabei war es zu einem Handgemenge mit dem Saaldiener gekommen. Da Wenger so keine weiteren Fragen zur Rolle Koppers in einem Insiderskandal mehr stellen konnte, erhob er nach erfolgloser Klage vor den Zivilgerichten eine Verfassungsbeschwerde. Sein Eigentumsrecht als Aktionär sei durch diesen Vorfall verletzt worden.

Dieser Sicht wollte das Verfassungsgericht nicht folgen. Es betonte zwar, dass der Informationsanspruch von Aktionären grundrechtlich geschützt, der Aktionär also kein anonymer Investor sei. Aber es gehe darum, das Fragerecht aller Anteilseigner zu schützen, indem einzelne Aktionäre gehindert würden, ihr Fragerecht „durch übermäßig lange oder erkennbar vom Thema abweichende Beiträge“ zu missbrauchen. Die Entscheidung könnte auch auf so genannte kritische Aktionäre gemünzt sein, die in Hauptversammlungen oft politisches und ethisches Fehlverhalten ihrer Unternehmen kritisieren. (Az. 1 BvR 168/93)Christian Rath