Tödlicher Fahndungsirrtum in Thüringen aufgeklärt

■ Mit gesuchtem Zurwehme verwechselt: Polizist erschoss Urlauber bei geöffneter Tür

Erfurt (taz) – Die tödliche Verwechslung mit dem gesuchten Dieter Zurwehme, die einen Kölner Rentner das Leben kostete, gilt für die Thüringer Staatsanwaltschaft als „weitgehend abgeschlossen“. Im Zuge der Dauerfahndung nach dem flüchtigen Mörder war die Nordhauser Polizei am 27. Juni einem Hinweis nachgegangen. Nach Ansicht des Polizisten Peter Z. stand der Schwerverbrecher plötzlich direkt vor seiner Pistolenmündung. Erst nachdem Z. abgedrückt hatte, bemerkte er seinen Irrtum: „Zurwehme“ war ein Urlauber aus Köln.

Das Heldrunger Hotel „Zur Erholung“ hatte sich nach einem Aufruf zur Mithilfe der Bevölkerung in der MDR-Sendung „Kripo live“ gemeldet. Die Polizei schickte daraufhin eine Zivilstreife, die Personalien feststellen, aber nicht verhaften sollte. Der mutmaßliche Zurwehme war als Rentner B. aus Köln abgestiegen. Die Beamten ermittelten auch einen in Köln registrierten B. mit der im Hotel angegeben Adresse. Suspekt war ihnen, dass B. weder seinen Ausweis hinterlegt noch sich beim Wirt ausgewiesen hatte. Deshalb wollte das Zivilkommando persönlich bei Zurwehme vorbeischauen. Zwei Beamte gaben Deckung, zwei öffneten die Tür, zwei Schüsse fielen. Der Rest lag im Nebel. Das Bundeskriminalamt fand heraus, dass der entscheidende Schuss bei geöffneter Tür abgegeben wurde und sofort zum Herztod führte. Ein von einem zweiten Polizisten abgefeuertes Projektil durchschlug erst die Tür, bevor es den Rentner im Rippenbereich streifte. Entscheidende Hinweise lieferten die Schmauchspuren am Pyjama des Toten. Der Todesschuss stammt aus der Pistole des 44-jährigen Peter Z., der andere aus der des 30-jährigen Jörg. K. Beide gaben an, sie seien „zum Zeitpunkt der Konfrontation mit dem Hotelgast“ davon ausgegangen, dass es sich bei ihm „mit höchster Wahrscheinlichkeit“ um Zurwehme handele, so Silke Becker von der Erfurter Staatsanwaltschaft. Die Schussabgabe sei jeweils „unabsichtlich, gleichermaßen im Reflex“ erfolgt. Jetzt soll ein Gutachter die Glaubwürdigkeit der Erklärung prüfen. Ob Anklage erhoben wird, entscheidet die Staatsanwaltschaft erst nach Vorlage des Gutachtens. Nick Reimer