■ Mit der Vermögenssteuer stellt sich die SPD ein Bein
: Gerechtigkeit für Millionäre

Auch Millionäre haben ein Recht auf Gerechtigkeit. Gegen dieses Gebot verstößt die Vermögenssteuer, deren Wiedereinführung die SPD nun anpeilt. Damit tut sich die Partei keinen Gefallen – eher tappt sie in eine selbst gestellte Falle.

Die SPD sucht nach einem Gerechtigkeitsbeweis, um die abtrünnigen WählerInnen davon zu überzeugen, dass der soziale Ausgleich zwischen Oben und Unten heute noch ein wichtiges Anliegen der Partei ist. Wenn alle sparen müssen, sollen auch die Reichen ihren Beitrag leisten. Mit einer Vermögenssteuer oder Vermögensabgabe bedienen sich die Sozialdemokraten allerdings des falschen Mittels. Diese Steuer war schon eine Ausnahmeerscheinung, bevor das Bundesverfassungsgericht sie 1995 in Frage stellte und die konservative Regierung sie schließlich abschaffte. Auch heute wäre sie ein Fremdkörper im Steuersystem. Denn eine Vermögensabgabe beruht darauf, den Zuwachs des Wohlstandes zu besteuern. Wer etwas einnimmt, muss einen Teil an den Staat abtreten. Das gilt für den monatlichen Lohn der Beschäftigten ebenso wie für Unternehmergewinne und private Erbschaften.

Mit der Vermögenssteuer dagegen würden die Finanzämter nicht beim Verdienst, sondern beim Besitz kassieren. Zu Recht fragen sich da die Reichen, warum sie ihr Geld gleich zweimal versteuern sollen: wenn sie es bekommen und wenn sie es haben. Diese Doppelbesteuerung wäre ungerecht. Und sie trägt dazu bei, die Basis des Steuersystems zu untergraben: die Akzeptanz der BürgerInnen – ob vermögend oder unvermögend. Wenn sie die Legitimität der staatlichen Ansprüche nicht anerkennen, hinterziehen sie bereitwillig Steuern oder legen ihr Kapital im Ausland an. Mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer hätte die SPD eine neue Debatte über die Gerechtigkeit ihrer Politik am Hals.

Warum bleibt man nicht in der Logik des Systems? Wenn es richtig ist, dass die Zahl der Millionäre zunimmt, dann sollte man deren Einnahmen anzapfen. Da gibt es viele Möglichkeiten. Wer Aktien nach einem Jahr verkauft, bezahlt heute keine müde Mark Steuer auf den Spekulationsgewinn. Wer Mil-lionen erbt, kommt oft mit erstaunlich geringen Abgaben davon. Wer seine Zinseinkünfte dem Finanzamt verheimlichen will, kann das dank Bankgeheimnis ohne große Probleme tun. Bei diesen Quellen des Wohlstands kann die Regierung ansetzen – ohne sich Ungerechtigkeit vorwerfen lassen zu müssen. Hannes Koch