Jüdische Siedler kündigen erbitterten Widerstand an

Israels Regierung will fünfzehn illegale Niederlassungen im Westjordanland räumen lassen  ■   Aus Jerusalem Susanne Knaul

Der Kampf hat begonnen“, so droht der Rat der jüdischen Siedler. Es werde „wie in den Tagen Jitzhak Rabins werden“. Die frisch gegründete Bewegung, die sich „die nächste Generation“ nennt, erklärt sich für den Erhalt der bedrohten Siedlungsstützpunkte verantwortlich.

Jede geräumte Siedlung werde wieder neu aufgebaut, so droht „die nächste Generation“, die sich aus den Bewohnern der fraglichen Stützpunkte formiert. Die vorläufige Einschränkung beim Kampf um die Siedlungen heißt: „Keiner erhebt die Hand gegen einen Juden.“ Wie der Protest gegen die bevorstehende Evakuierung der Siedlungen konkret aussehen wird, will niemand prophezeien. Klar scheint derzeit nur, dass es Demonstrationen sowie passiven Widerstand geben wird.

„Ich halte den Siedlungsbau in Judäa und Samaria für wichtig“, hatte Ehud Barak den Vorsitzenden der jüdischen Siedlungen erklärt, doch nur solange dies mit entsprechender Genehmigung der Regierung geschehe. Sein Appell an die Siedler auf Verständnis stieß auf taube Ohren. Der Rat der jüdischen Siedler tagte in einer „Notstandsitzung“ mehrere Stunden, um über Wege zu beraten, den Räumungsbefehlen zu begegnen. „Die Leute werden sich mit allen Mitteln zur Wehr setzen, die ihnen zur Verfügung stehen“, mutmaßt Noam Arnon, Sprecher der Siedler aus Hebron. Damit schließt er militanten Widerstand ein, „nur Tote darf es nicht geben“. Zwar ist Arnon derzeit nicht unmittelbar betroffen, dennoch „bin ich dabei, wenn sie uns rufen“. Die Rechtfertigung, es fehle an Baugenehmigungen, hält Arnon für „fiktiv“. Die Regierung Baraks habe das Ziel, „nur Juden zu vertreiben“, während die arabische Bevölkerung ungestört ohne jede Genehmigung in ihren Dörfern Häuser baut. „Wir könnten die Häuser in unseren Siedlungen innerhalb von Sekunden legalisieren“, meint Arnon. Doch dazu mangele es der Regierung an der notwendigen Bereitschaft. Ehud Barak habe vor Linken und Arabern kapituliert.

Die Entscheidung der Regierung, 15 von insgesamt 42 Siedlungen, die nach Abschluss der Verträge von Wye-River im Westjordanland errichtet wurden, zu evakuieren sowie den Bau neuer Häuser in weiteren 16 Stützpunkten einzufrieren, kam wenig überraschend. Höchste Priorität habe, so Barak, „die Einhaltung des Gesetzes“. Die Siedler hingegen sprechen von „Tochter-Siedlungen“. Es handele sich lediglich um Erweiterungen und nicht um die Errichtung neuer Siedlungen.

Die Rechtslage der 42 fraglichen Stützpunkte ist unterschiedlich, da sie zum Teil ganz ohne, zum Teil mit nicht rechtsgültigen Genehmigungen errichtet worden waren. Berichten zufolge hatte ein nicht autorisierter Beamter im Verteidigungsministerium der Regierung von Benjamin Netanjahu die Mehrzahl dieser Genehmigungen erteilt. Die letzte Zusage aus Netanjahus Verteidigungsministerium war am 24. Juni erstellt worden, über einen Monat nach den Wahlen, während der Koalitionsverhandlungen.

Zum ersten Mal entscheidet die Regierung in Jerusalem für die Räumung von Siedlungen im Westjordanland. Ehud Barak hält damit sein Versprechen ein, keine neuen Siedlungen zu genehmigen. Siedlungsevakuierungen hatte es bislang nur im Sinai gegeben, nachdem Israel und Ägypten in Camp David über einen Friedensvertrag und den kompletten Rückzug von der Sinai-Halbinsel einig geworden waren. Barak beriet sich vor seinem Entschluss zur Räumung mit dem parlamentarischen Sicherheitsausschuss und Militärs. Bei den Stützpunkten handelt es sich um kleinste Ansiedlungen mit zwischen einer bis zwölf Wohneinheiten, die meisten davon sind provisorische Wohnmobile. Meist kommen junge national-religiöse Familien in die neuen Minisiedlungen, die einerseits ideologisch motiviert sind, andererseits schlicht kostengünstig wohnen wollen. Um die seelischen Folgen der evakuierten Siedler aufzufangen, organisiert das Arbeits- und Sozialministerium derzeit Fortbildungen für Sozialarbeiter, die selbst im Westjordanland leben. Die Sozialarbeiter sollen anschließend das „Evakuierungs-Trauma“ der Betroffenen lindern helfen.

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