Aufs falsche Pferd gesetzt

betr.: „Realitätsverlust“, Kommentar, taz vom 12. 10. 99

Bettina Gaus sieht unverändert in der Haltung der Grünen zum Kosovokrieg die Hauptursache für den Niedergang der Partei. Als bisheriger grüner Stammwähler möchte ich widersprechen. Seit dem Lafontaine-Rücktritt werden SPD und Grüne vor allem wegen ihrer sozialen Defizite abgestraft. Zu Recht, denn statt der versprochenen Modernisierung des Sozialstaates sind nur noch Mogelpackungen zum Sozialabbau erkennbar. Fischer, der außenpolitisch auch positive Akzente setzt, schaufelt der grünen Partei das Grab, indem er die neoliberalen Frischlinge in der Bundestagsfraktion protegiert. Statt alten Wein in grün verpackten Schläuchen anzupreisen (siehe Rentenkürzung zum vermeintlichen Wohl der nächsten Generation, mehr Arbeitsplätze durch Abschaffung von Tarifverträgen und anderen FDP-Müll) müsste sich die grüne Partei endlich eingestehen, in der Regierung aus opportunistischen Gründen auf das falsche Pferd (den Mediendarsteller Schröder) gesetzt zu haben. Oskar ist leider zurückgetreten, aber ohne Berücksichtigung seiner wirtschaftspolitischen Ratschläge ist jede Profilschärfung ein frommer Wunsch und in der Folge das Scheitern auf allen Politikfeldern programmiert.

Kristian Kossack, Minden

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.