Kaugummi gegen Verstopfung und Ohrenleiden

■ Kurioses, Gentechnikverfechter und mehr fairer Handel auf der Ernährungsmesse Anuga

Köln (taz) – Essen als Medizin, Lebensmittel ohne Gentechnik – die kränkelnde Nahrungsmittelbranche wartet immer wieder mit Überraschungen auf. Auch bei der heute zu Ende gehenden Ernährungsmesse Anuga kamen allerlei Kuriositäten dazu. Die rund 190.000 Fachbesucher trafen in den Kölner Messehallen auf verdauungsanregendes Kaugummi, welches auch Ohreninfektionen vorbeugt, auf koffeinhaltiges Mineralwasser und Eiscreme mit Knoblauchgeschmack.

Die kreative Anstrengung hat ihren Grund. Der Abwärtstrend der Branche hält auch in diesem Jahr an. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Betriebe in der Ernährungsindustrie um 3,8 Prozent auf 5.911 Unternehmen. Um in dem enger werdenden Markt zu bestehen, setzten die Produzenten verstärkt auf Nahrungsmittel mit Zusatznutzen – gesundheitlicher oder praktischer Art. Ob sich aber etwa Bockwürstchen in selbst erhitzender Dose ebenso durchsetzen werden wie makrobiotische Milchprodukte, bleibt nach den ersten Erfahrungen auf der Messe eher fraglich.

Zufrieden mit dem Messeverlauf zeigte sich Claudia Brück, Pressesprecherin von Transfair, die nicht nur ein neues Transfair-Produkt präsentierte – nach Kaffee, Tee, Süßwaren und Bananen gibt es künftig auch fair gehandelten Orangensaft zu kaufen. Mit der Magdeburger Röstfein Kaffee GmbH führte sie auch gleich einen neuen Partner ihres Unternehmens ein. Von der neuen Allianz erhofft sich Transfair den Durchbruch im Osten der Republik. Der ist bitter nötig, denn der Absatz von Transfair-Kaffee sank im vergangenen Jahr um acht Prozent. Und „in diesem Jahr ist auch noch kein Plus abzusehen“, so Brück. Geschäfte habe man auf der Anuga noch nicht abgeschlossen, doch sei sie eine „gute Kontaktbörse“.

Insgesamt präsentieren auf der Anuga 6.559 Aussteller aus 96 Ländern ihre Produkte. Der Auslandsanteil ist leicht auf 75 Prozent angestiegen.

Einer, der sichtlich Freude an dem Spektakel hatte, war Karl-Heinz Funke (SPD). Der Bundeslandwirtschaftsminister freute sich, dass er an Stelle von Bundeskanzler Gerhard Schröder die Anuga eröffnen konnte. Denn „Essen ist für mich etwas, dem ich – wie man mir ansieht – sehr viel abgewinnen kann“. Auf seinem Messerundgang probierte der Minister dann auch ausgiebig. Den Ein-Liter-Humpen Pils schaffte Funke allerdings nicht, wie Umstehende forderten, auf ex. Als Student, vor 25 Jahren, sei ihm das noch ganz anders gegangen, so der füllige Sozialdemokrat.

In seiner Eröffnungsrede machte sich Funke für die Gentechnologie stark. Er kritisierte die Einzelhandelsketten, die „öffentlichkeitswirksam Genfood aus ihren Regalen verbannen, um Marktanteile zu gewinnen“. Seiner Auffassung nach dürfe man „nicht leichtfertig“ auf die Chancen der Gentechnik verzichten. Allerdings müssten veränderte Lebensmittel eindeutig gekennzeichnet werden. Martin Murphy