Tor für die Souffleuse

■ „Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)“ in den Kammerspielen

Drei Männer treffen sich offenbar zur Probe. Einer telefoniert mit seinem Agenten, während ein zweiter noch das Mikro testet. Plötzlich stolpert ein dritter hastig auf die Bühne der Kammerspiele, vorbei an einer schwarzen Litfaß-Säule und einem grünen Müllcontainer auf seine Kollegen zu. Die lockere Begrüßung der drei suggeriert ein privates Zusammentreffen.

Darin liegt Methode, denn in letzter Minute musste Schauspieler Klaus Rodewald für den erkrankten Heinrich Schafmeister einspringen. Textunsicherheiten vorwegnehmend, bindet Rodewald als tapsiger Bühnen-Klaus auch die Souffleuse ins Spiel ein: „Wir hören heute sicher noch öfter voneinander...“ Der Mann des Abends aber ist Michael Quast. Aus Shakespeares Titus Andronicus macht der Geräuschakrobat ein bluttriefendes Splatter-Hörspiel, das die beiden Mitstreiter ohnmächtig zu Boden wirft. Der Dritte im Bunde ist der Fernsehschauspieler Michael Lerchenberg. Seine Darstellungen fallen allerdings weniger pointiert aus.

Dass Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt) dennoch überzeugen, liegt vor allem an der Regie von Gert Pfafferodt. Überall dort, wo in der Vorlage des Autorentrios Long/Singer/Winfield der Reduced Shakespeare Company Parodie und Karikatur übertrieben albern entgleisen, hat Pfafferodt schlicht gestrichen. Die zu einem Fußballspiel verballhornten Königsdramen geraten zum Höhepunkt: Beim Stichwort „Agamemnon“ bekommt Rodewald einen Nervenzusammenbruch, musste er doch den Wochenendfußball gegen Klassiker eintauschen und seine Rolle lernen. Er steigert sich unter Tränen in Zimmermanns WM-Kommentar von 1954 hinein: „Tor, Tor, Tor! Deutschland ist Weltmeister!“ Quast und Lerchenberg schieben sich daraufhin nicht den Ball, aber als Richards, Heinrichs und König Lear die Krone zu.

Auch wenn die Inszenierung anfangs stark auf vordergründige Witze aus dem Fundus der Travestie baut und noch jede Menge Slapstick im Gepäck hat, vermag sie insgesamt doch zu gefallen. Amüsement ist garantiert – außer für humorlose Shakespeare-Verehrer. bkf

bis 31. Oktober (außer 18.), tägl. 20 Uhr, Kammerspiele