Ich begrüße Sie sehr herzlich“

■ Das geheime Fernsehtagebuch der Verona F., dritte Folge: Liebe, Lust, Leidenschaft und ein nachgebautes Wohnzimmer

15. Juni 1998

Sehe mir schon wieder „Das Beste aus 'peep!‘ “ an. Brillante Einspieler. Wundere mich, warum die Redakteure alle ...

Mein Sender erklärt mich per Internet zum „Kultprogramm für alle, die mehr über das Thema Nr. 1 wissen wollen“. Liebe, Lust und Leidenschaft. Pikant, pikant, Herr Praktikant. Bürsteln in Nachbars Garten, Homestripvideos, Sex qua Alkohol. Die haben doch ein Problem. „Sex im Freien“, sage ich, „ist einfach eine schöne Sache. Man spürt die nackte Haut des Partners, und man kann dabei in den Himmel schauen.“ Und die Wolken ziehen sehn. Hin und her. My friends.

Das „peep!“-Quiz zählt zu den erhebendsten Menschheitswerken. Echte Dolly-Overdose. Ebenfalls trefflich der schmissige Trailer. Ich drehe mich flott, reitende, sich dehnende Weiberleiber dazwischen. Erinnert an meine Jugend. Frage nach. Frage unerbittlich. Meine besten Formulierungen hab ich mir gemerkt. Werde sie für die Nachwelt konservieren.

„Eher dominant oder devot?“; „Ruckzuck vielleicht?“; „Wie kann man sich denn bei dir zu Hause einen erotischen Abend vorstellen?“ ; „Hast du irgendwelche Tricks, wenn es nicht klappt?“; Gibt es einen erotischen Wunsch, den ihr euch gerne mal erföllen wördet?“; „Gibt es irgendwelche Sextoys, die du ganz interessant findest?“; „Trotzdem gibt es viele Amerikaner, also muss es doch viel Sex geben“; „Wie sieht's bei euch mit Kitzeln aus?“; „Ich möchte einfach nur ein peinliches erotisches Erlebnis hören, ist doch ganz einfach“; „Könnt ihr uns etwas von einer Sexpanne erzählen?“ – Verona: die Überdose, die Overbüchs.

Werde aber für die nächste Konserve an einer neuen Begrüßung arbeiten, etwa: Vielen Dank und danke schön und vielen Dank und herzlich willkommen und danke schön, vielen Dank, danke, herzlich willkommen und vielen Dank, herzlich willkommen und hallo zu peep! und herzlich willkommen bei peep!, ich freue mich ganz besonders und begrüße Sie sehr herzlich und freue mich, dass Sie heute Abend wieder meine Gäste sind, strecken Sie die Füße aus und ziehen Sie die Hosen hoch, machen Sie es sich bequem, ich hoffe, es gelingt mir, Sie heute Abend mit ein wenig Erotik zu verwöhnen, denn ich begrüße Sie zur erotischsten Stunde der Woche, wie immer haben wir für Sie aufregende Themen und spannende Gäste eingeladen, ich persönlich bin gespannt, was meine Gäste heute an kleinen erotischen Geheimnissen preisgeben, da wird wieder was weggewichst werden, aber hallo, viel Spaß beeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii peep! (Nicht ausgelastet. Brauche zweite Sendung.)

7. August 1998

Premiere von Veronas Welt, einem „neuen dicken Coup“ [Bild, 10. Januar 1998]. Rot, blau, rosa, rot. Wie es mir nicht gefällt. Durfte beim Konzept mitreden, musste nicht dieses voll schwule Format übernehmen und „neu füllen“. Bei Crea TV in Köln-Hürth haben unter Hans Meiser Männer das Sagen. Will einfach Spaß verbreiten, ohne Anspruch, ich, die „Traumfrau“ (rtv), das „multinationale aktive mittelständische Unternehmen“ (Stern), ach, ich Gute.

Wir reden über Themen, die jeden interessieren, und machen Unsinn, was auch immer. Als wären keine Kameras da. Superplan. Stehe kurz davor, an die Spitze des deutschen Fernsehens zu penetrieren. Auch die Idee, mein Wohnzimmer eins zu eins nachzubauen, kommt an. Mickey-Mouse-Telefon, Pinguinuhr, Plüschmops, alles da. Selbst meine ganz privaten Sachen wie Kuscheltiere, Liebesbriefe, Fotoalben wurden dupliziert. Viel Arbeit füör den Kopisten, einen gewissen Herrndorf, der meine Kindheit recht verschönert hat. Sehr lustiger Film über mein notorisches Zu-spät-Kommen am Flughafen. Viele gute Gags (falsches Gate usw.). Lück dachlattenhoch prävalent. Muss ich anerkennen. Hinterher entschuldige ich mich. Er meint, seine Reputation reiche, um das unbeschadet zu überstehen. Schenke Ingo Badelotion und ein Black-Beauty-Heft. Und was bedeutet eigentlich Franka Potenta [sic!]? Briefmarke, die immer klebt? (Aaarrgghhh.) Meine Freunde von der Max (Können Zeitschriften auch schwul sein?) sind für mich auf Männersuche gegangen. Ohne Erfolg. Nehme das jetzt selbst in die Hand. Am Schluss kommt ein Bewerber als „Veronas Traummann“ hereinspaziert. Wenn das wieder nur eine ...

Jürgen Roth