■ Von „Rap Attack“ zum „Ocean of Sound“: David Toop

Als in den fünfziger Jahren die Wohlstandsgesellschaften der westlichen Welt es zu aufgeräumten Vorstadtsiedlungen mit einem Kühlschrank und TV-Gerät pro Haushalt gebracht hatten, klang aus dem Radio eine Musik, die nicht ganz so aufgeräumt war. In ihr lebte der Dschungel, die Kokosnüsse platzten, und hübsche Insulaner tanzten dazu – zumindest im Geiste, denn diese Musik war ein hochartifiziell komponiertes Konglomerat diverser Soundklischees; Wildheit erschien in ihr als extravagante, aber noch suburb-taugliche Ausschweifung.

Es waren noch ein paar Jahre hin bis zum Durchbruch von Roch'n'Roll, es waren die Jahre, in denen Les Baxter, Yma Sumac und Martin Denny ihre wichtigsten Platten veröffentlichten.

Der in ihrer Musik wie in einem Bernstein verschlossenen Exotik hat David Toop sein neues Buch gewidmet, es heißt „Exotica. Fabricated Soundscapes In A Real World“ (Serpent's Tail, London). Aber Toop beißt sich nicht an einem vermeintlichen Spezialthema fest, sondern führt in der ihm eigenen assoziativen, literarischen Art unser Musikjahrhundert als Melting Pot der musikalischen Ideen vor Augen.

David Toop gehört zu den weltweit angesehensten Musikjournalisten. Sein 1984 erschienenes Buch „Rap Attack“ ist die erste umfassende Darstellung von HipHop. 1995 erschien „Ocean Of Sound“, eine Tour d'horizon, in der Sun Ra und Aphex Twin in den Kanon der Musik des 20. Jahrhunderts integriert werden. Beide Bücher sind, von Diedrich Diederichsen ins Deutsche übersetzt, auch im Hannibal-Verlag erschienen. Toop schreibt regelmäßig für The Times und The Wire und ist seit Jahrzehnten ein insbesondere in England anerkannter Ambient-Musiker mit einem umfangreichen Werk.

Seine aktuellste Platte heißt „Museum Of Fruit“ (Caipirinha/Zomba). Bei seiner jetzt anlaufenden kleinen Tournee liest er aus „Exotica“ und legt im Anschluss die entsprechenden Platten auf. mp