Die Jugend blickt es nicht“

■ Das geheime Fernsehtagebuch der Verona F., vierte Folge: ein Formtief und Getränkereinbringer Marko

14. August 1998

Heute morgen auf den Kopf gefallen. Trage deshalb gelbe Blumen, meine Lieblingsblumen, im Haar. Unter den roten BH zwecks Volumensteigerung Tomaten gequetscht. Laufen nach fünf Minuten aus. Müssen den ganzen Anfang wiederholen. Also folgenden Dialog: „Hast du schon mal von 'nem blauen Wurm gehört?“ – „Nee.“ – „Ich auch nicht.“

Im Hotel Gurkenschälen geübt. Ordere Nutella-Glas und freue mich.

21. August 1998

Mit Ingo Appelt auf dem Sofa gewälzt. Erregung. Zum Glück passendes, affenscharfes Metallkleid angehabt. Das ist wasserdicht. Nina Hagen und ich plaudern wie die Arschbomben. Sie heißt mich „geliebte Göttin“. Schon wieder so eine. Es langt langsam. Regisseur Rainer hält Tafeln in die Kamera. Konzept- und Gagschreiber feuern. Merke, dass meine schauspielerischen Leistungen in „Verona“ unterwegs schwächeln. Nach drei Sendungen. Zahlt sich doch aus, nix Gescheites gelernt zu haben.

Neue Kontaktanzeige in der Max geschaltet. Ob ich einen Nichthomo finde? Bei meinen Talenten?

28. August 1998

Trage getragen „zwei supersüße Briefe“ vor. Helga schreibt: „Ich finde es nicht fair, dass du ständig durch den Kakao gezogen wirst und dass alle Leute auf dir rumhacken.“ Die Jugend blickt es nicht. „Meine Zusammenhänge versteht man nicht sofort.“ Es ist alles ein Wunder.

Cognac. Backstage saufen mit Freund Wolle, dem besten Wirt Deutschlands, Inhaber des Hamburger Lokals „Zwick“. Verknote mich in seinem Baghwanbart und stürze an seinem Kinn die Treppe runter. Viel gelacht, viel geweint.

Schalockerbocker. Kartoffelkaramba. Kurtisanenkarfickel. Schackelquaddel.

6. September 1998

Früher hatte ich diese Wischmopmähne. Heute gegelt und gebunden. K. hielt mich von hinten für einen Mann und wollte mir ans Mieder.

Blümchen ähnlich scheiße designt wie mein Studio.

Aus dem Plüschteppich kein Hundehaar mehr rauszukriegen. Getränkereinbringer Marko [Levin] findet mich ungeschminkt noch schöner. Ich fände ihn ohne diesen Eierhalter noch hässlicher. Ist mir jedesmal eine Freude, ihn mit „Das ist unsere Marko!“ zu begrüßen. Gegenüber Marko-Fan Z. durchgesetzt, meine Fragen selbst zu schreiben. Ging flüssig von der Hand. K. hatte trotzdem was zu meckern und formulierte um. Lese seine Versionen absichtlich unverändert vor.

Zu Blümchen, der arroganten Tusse: „Wie kreativ bist du denn beim Sex? Probierst du da auch so verschiedene Sachen mal aus, so wie Fußpilzmittel, ich mein', vielleicht spricht er dann nicht mehr so viel oder kriegt im passenden Moment Schaum vorm Mund, und du denkst: Wie gut war ich heute?“

Unter solchen Bedingungen arbeite ich. Ich könnt' mir die ganze Zeit an den Kopf hauen. Und immer dieses Geschwafel. Vorher in der VIP-Lounge reden und reden und reden, zehn Minuten lang das hohle Wortgeklapper studieren, und dann reden, reden, reden. Und immer die Grinsemaus geben. Aber klappt.

Marko, die feiste ..., erzählt rum, ich sei „immer der nette Kumpel, ganz natürlich und lieb“. Derart ticken diese Leute. „Niemals schreit sie rum, niemals führt sie sich als Diva auf, immer ist sie supernett zu allen, zum ganzen Team, null arrogant, null eingebildet, null überheblich.“

Wer hier die größte Null ist, ist jetzt ja wohl klar.

18. September 1998

Wie kommt das Tuckenballett in „Veronas Welt“? Bin extrem sauer. Mache Meiser eine Szene und drohe mit Konsequenzen. Er: „Echt, sind die alle schwul?“ Ich: Und ob. Und wie! Raus mit denen!“ Er: „Okay, nehmen wir mehr Frauen. Die können ja nicht schwul sein.“ Ich: „Doch, doch, können die!!“

Jürgen Roth