Josef Burg gestorben

■ Der in Dresden geborene Politiker bestimmte jahrzehntelang die israelische Innenpolitik

Jerusalem (taz) – Im Alter von 90 Jahren ist der israelische Politiker und Gelehrte Josef Burg gestern in Jerusalem gestorben. Er gehörte jahrzehntelang der Knesset, dem israelischen Parlament, an und war unter Golda Meir und Menachem Begin bis 1986 Minister – das letzte Mitglied eines israelischen Kabinetts, das noch aus Deutschland nach Palästina eingewandert war.

„Er war Europa, aber Europa mit schweren Gedanken“, charakterisierte ihn gestern sein langjähriger Freund Jitzhak Meyer, der Israels Botschafter in Bern ist.

Burg wurde in Dresden geboren und besuchte dort ein humanistisches Gymnasium, anschließend das Rabbinerseminar und die Universität in Berlin. Von 1933 bis zu seiner Emigration 1939 organisierte er im Palästinabüro in Berlins Meinekestraße die Auswanderung deutscher Juden nach Palästina. „Er gründete damals die Bewegung Hachalutz – ,der Pionier‘ –, die sich um die Aliya nach Palästina kümmerte“, erinnert sich Mayer. „Dazu bekam er von der Gestapo einen Ausweis, damit er sich frei bewegen konnte.“ Burg sei immer Zionist gewesen, überzeugt davon, dass die Juden keinen Platz in Europa haben. „Er hat nie verstanden, wie es dazu kam, dass Europa in Flammen aufging, nachdem die Deutschen das Feuer angezündet hatten. Er kannte und liebte die deutsche Literatur“, sagte Mayer. Deutsch war auch die Sprache, in der er sich am liebsten ausdrückte. In Israel, das „so stürmisch gegründet wurde“, seien Menschen wie Burg auch unter den Mitarbeitern des Staatsgründers David Ben Gurion die Ausnahme gewesen.

Burg gründete Mitte der Fünfzigerjahre die Nationalreligiöse Partei, der vor allem aus Europa stammende religiöse Juden angehörten, und führte sie lange Jahre als ein Mensch des Kompromisses. „Er hatte es nicht leicht in der Partei, stets war er die Kassandra, die warnte, die Existenz des Staates sei gefährdet, wenn man nicht den moderaten Weg gehen würde.“ Im Kabinett des Likud-Premiers Begin war er der Erste, der für die 1977 vereinbarten Autonomiegespräche eintrat.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament leitete Burg die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Sein Sohn Avraham Burg ist Präsident der Knesset. Susanne Knaul