: Neue Windstromanlagen müssen draußen bleiben
■ In Norddeutschland können ab 1. 1. 2000 keine neuen Windkraftanlagen ans Netz: Die Fünf-Prozent-Grenze der gesetzlich vorgesehenen Förderung ist überschritten
Hannover (taz) – An den norddeutschen Küsten können ab dem 1. Januar 2000 keine neuen Windkraftanlagen mehr ans Netz gehen. Die PreussenElektra hat ihre Töchter EWE und Schleswag angewiesen, im nächsten Jahr keine weiteren Windstromer anzuschließen. Die Fünf-Prozent-Grenze des Stromeinspeisungsgesetzes, bis zu der Energieversorger regenerativ erzeugte Elektrizität ankaufen und fest vergüten müssen, werde bei der PreussenElektra noch in diesem Jahr überschritten, sagte die Sprecherin des Unternehmens, Petra Uhlmann.
Nach Angaben des Wirtschaftsverbandes Windkraftwerke in Cuxhaven betrifft der Anschlussstopp fast die gesamten niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Küsten und damit „die Standorte mit den besten Rahmenbedingungen für die Windkraftnutzung“. Die in Oldenburg ansässige EWE versorgt das nördliche Niedersachsen, die RendsburgerSchleswag Schleswig-Holstein.
Das Bundeswirtschaftsministerium kündigte an, die geplante Novelle des Stromeinspeisungsgesetzes jetzt kurzfristig auf den Weg zu bringen. Darin sollen die Stromkonzerne verpflichtet werden, auch über die Fünf-Prozent-Grenze hinaus regenerativ erzeugte Elektrizität zum gesetzlich festgesetzten Preis zu kaufen. Die PreussenElektra erklärte, man halte die Förderung regenerativer Energie zwar weiter für richtig, die Kosten dieser Förderung müssten jedoch durch eine Gesetzesänderung gerechter verteilt werden.
Das Bundeswirtschaftsministerium bestreitet zwar, dass bei der PreussenElektra in diesem Jahr die gesetzliche Fünf-Prozent-Grenze überschritten werde. Doch den Windstromern nützt das erst einmal nichts. Wirtschaftminister Werner Müller kann die PreussenElektra nicht zwingen, auch nach Jahreswechsel das gesamte Angebot an Windstrom in ihr Netz zu lassen. Die von dem Stopp betroffenen neuen Windstromer müssten selbst auf Einspeisung ihres Stromes klagen.
Das Stromeinspeisungsgesetz kennt den Fünf-Prozent-Anteil am Gesamtstromabsatz eines Energieversorgers gleich zweimal als Grenze: Wenn die fünf Prozent beim Energieversorger vor Ort überschritten sind, muss der dahinter stehende Netzbetreiber die weitere Einspeisung übernehmen und den Windstrom zu dem gesetzlichen Kilowattpreis von 90 Prozent des durchschnittlichen Strompreises kaufen. Erst wenn auch bei dem Netzbetreiber selbst – in diesem Fall bei der PreussenElektra – mehr als fünf Prozent der verkauften Strommenge regenerativ erzeugt werden, ist die Obergrenze der Förderung erreicht.
Bei der EWE und Schleswag beträgt der Windstromanteil schon seit langem mehr als fünf Prozent. Den über fünf Prozent hinausgehenden Teil leiten die beiden Unternehmen an die Konzernmutter PreussenElektra durch, die auch für die Vergütung zu sorgen hat. Nach der Auffassung des Wirtschaftsministers darf die PreussenElektra dem Gesamtkonzern aber nicht darüber hinaus jenen Fünf-Prozent-Sockel an Windstrom zurechnen, den ihre Töchter EWE und Schleswag weiter selbst abnehmen und vergüten müssen. Nur so nämlich kommt die PreussenElektra überhaupt zu einer konzernweiten Überschreitung der Fünf-Prozent-Grenze. Bei seiner Berechnungsmethode beruft sich das Unternehmen auf den Wortlaut des Gesetzes und auf ein Gutachten, das seine Rechtsauffassung bestätigt. Jürgen Voges
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