Geschlossen durch die Hintertür

Nach der Wahl in Berlin: Kleiner Parteitag der Berliner SPD stimmte Gesprächen mit der CDU zu. Eine erneute Große Koalition gilt als wahrscheinlich  ■   Aus Berlin Dorothee Winden

Die Berliner SPD-Spitze wird noch in dieser Woche zu Sondierungsgesprächen mit der CDU zusammentreffen. Dies bedeute aber keine Vorentscheidung für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen, betonte SPD-Parteichef Peter Strieder am Samstagabend nach einer achtstündigen Klausurtagung des Landesausschusses.

„Die Gespräche werden ergebnisoffen geführt“, sagte Strieder. Es gebe „keinen Automatismus“. Koalitionsverhandlungen seien ebenso denkbar wie ein Vertrag über die Tolerierung einer CDU-Minderheitsregierung oder der Gang in die Opposition.

Eine Woche nachdem die Berliner SPD mit 22,4 Prozent auf einen historischen Tiefstand gefallen war, gibt es innerparteilich starke Widerstände gegen die dritte Neuauflage der Großen Koalition. Die SPD habe an der Seite der CDU zu viel Profil verloren und müsse sich auf der Oppositionsbank regenerieren, so die Gegner eines Bündnisses mit der CDU. Ob sie sich durchsetzen können, gilt als ungewiss. Ein Koalitionsgegner schätzte das Kräfteverhältnis gestern als 60:40 zugunsten einer Großen Koalition ein.

Koalitionsgegner werteten die Aufnahme von Sondierungsgesprächen gestern als Weichenstellung für eine Große Koalition. „Da muss man sich nichts vormachen,“ hieß es. Vor allem die Parteispitze favorisiert die erneute Regierungsbeteiligung. Für den Gang in die Opposition spricht sich intern kaum jemand aus. Dies würde auf Neuwahlen hinauslaufen, da für die CDU ein Bündnis mit der PDS ebenso wenig in Frage kommt wie mit den Grünen.

Einer schwarz-grünen Regierung an der Spree haben auch die Grünen eine klare Absage erteilt, weil es in der Innen- und der Flüchtlingspolitik diametral entgegengesetzte Vorstellungen gebe. Bei schnellen Neuwahlen kann die SPD nicht damit rechnen, aus ihrem Tief herauszukommen. Denn Analysen von Wahlforschern zufolge ist die Berliner SPD mangels starkem eigenen Profil stark vom SPD-Bundestrend abhängig.

In der SPD-Spitze herrscht Nervosität. Der Landesausschuss tagte an einem zunächst geheimgehaltenen Ort im Arbeiterbezirk Neukölln. Die Tür zum Sitzungsraum des Hotels Mercure wurde mit einem Tisch verbarrikadiert. Und um der versammelten Presse zu entgehen, verließen die Genossen das Gebäude am Abend durch den Hinterausgang. Strieder begründete dieses „für die Berliner SPD unübliche Vorgehen“ damit, dass die Partei geschlossen auftreten solle.

Mit dem Vorschlag, lediglich Sondierungsgespräche zu führen, gelang es der Parteispitze jedoch, eine große Mehrheit des kleinen Parteitags hinter sich zu bringen. In dem 50-köpfigen Gremium gab es nur sechs Gegenstimmen. Auch der SPD-Vize und Parteilinke Klaus-Uwe Benneter, der sich in der vergangenen Woche noch gegen die Große Koalition ausgesprochen hatte, stimmte für die Sondierungsgespräche.

Am kommenden Montag soll der Landesausschuss erneut zusammentreten und das Ergebnis der ersten Gespräche auswerten. Offen ist noch, ob der Landesausschuss dann eine Entscheidung über das weitere Vorgehen trifft oder einen Sonderparteitag einberuft. Die Sondierungsgespräche werden Parteichef Strieder, SPD-Fraktionschef Klaus Böger und – als Vertreter für den Ostteil der Stadt – der Köpenicker Bürgermeister Klaus Ulbricht führen. Sie wollen der CDU klarmachen, dass die SPD nicht mehr gewillt sei, im Senat „die Drecksarbeit“ (Strieder) alleine zu machen. Diese Rollenteilung werde die SPD nicht mehr akzeptieren, sagte Strieder. „Es muss einen anderen Umgang miteinander geben.“

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