Frontstadt gegen Hauptstadt

■  Von Merkel nichts Neues: In Berlin können sich die Großparteien CDU und PDS längst nicht mehr ignorieren. Markige Sprüche sollen die CDU-Wähler im Westen beruhigen

Für Uwe Klett ist die Sache ganz einfach. „Wir sind im Osten die stärkste Partei“, sagt der PDS-Bürgermeister des Plattenbaubezirks Hellersdorf, „die CDU ist im Westen die stärkste Partei. Eigentlich müsste man die Stadt gemeinsam regieren.“

So weit aber ist es noch lange nicht. Für Klaus Landowsky, den CDU-Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus, hat die PDS „noch einen weiten Weg vor sich“. Zwar sieht auch der CDU-Mann nur noch zwei große politische Kräfte in der Hauptstadt. Doch sind „die zukunftsorientierte, dynamische CDU und die sozialistische PDS“ für ihn Gegenpole, nicht mögliche Koalitionspartner.

Die Berliner CDU steht in besonderem Maße vor dem strategischen Dilemma, über das sich die Bundespartei derzeit den Kopf zerbricht – seit Generalsekretärin Angela Merkel am Wochenende gefordert hatte, die PDS nicht länger „ausschließlich über ihre Vergangenheit zu definieren“. Das Gebaren als Frontstadtpartei, die in der PDS nichts als die „SED-Nachfolgepartei“ sieht, hat den Sozialisten nur genützt. Im größeren Westteil der Stadt jedoch haben derlei markige Sprüche dazu beigetragen, dass die CDU schon den dritten Wahlerfolg seit dem Fall der Mauer einheimsen konnte.

In der Praxis freilich konnten die Christdemokraten die harte Linie in einer Stadt, die zu einem Drittel aus Osten besteht, schon längst nicht mehr durchhalten. „Wir haben unsere Verweigerungshaltung aufgegeben“, sagt Fraktionschef Landowsky. Vor vier Jahren noch hatte die Partei höchst misstrauisch den Wahlkampf des damaligen Wirtschaftssenators Elmar Pieroth (CDU) beugt, der in seinem Hellersdorfer Wahlkreis auch das Gespräch mit PDS-Funktionären suchte. Inzwischen fühlt sich Pieroth durch die Wahlergebnisse bestätigt. Bei der Berliner Wahl vor zehn Tagen, so Pieroth, habe sein Hellersdorfer Kreisverband mit 5,4 Prozentpunkten den höchsten Stimmenzuwachs aller Ost-Bezirke erzielt.

Eine kommunalpolitische Zusammenarbeit ist in den elf östlichen Stadtbezirken ohnehin längst selbstverständlich. Schließlich bestimmt die Bezirksverfassung, dass die Stadtratsposten nach Parteienproporz vergeben werden. Und dass sich CDU- und PDS-Stadträte neun Jahre lang unentwegt angeschwiegen hätten, ist bisher nicht bekannt geworden.

Im Gegenteil: Schon verkündet der CDU-Bürgermeister des Bezirks Mitte, Joachim Zeller, er wolle sich im kommenden Jahr notfalls auch mit PDS-Stimmen zum Rathauschef des vergrößerten Regierungsbezirks wählen lassen. „Die Abstimmungen sind geheim“, sagt Zeller, „ihr Stimmverhalten muss ich der PDS selbst überlassen.“ Die PDS-Vertreter im Bezirk sind einer Wiederwahl des CDU-Politikers nicht abgeneigt.

Aber es gibt ja noch die Wähler im Westen, und denen versichert CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach: „Es gibt keine Zusammenarbeit mit der PDS.“ Zu Koalitionen jedenfalls, sagt auch Ost-Wahlkämpfer Pieroth, dürfe es nicht kommen.

Die Verfechter eines offensiven Umgangs mit der PDS fühlen sich durch den Kurswechsel in der Bundespartei bestätigt. „Der Regierungsumzug“, frohlockt Bürgermeister Zeller, „scheint in vielen Köpfen etwas zu bewegen“.

Ralph Bollmann