■ Nur wenige Kunden wollen ökologischen Strom kaufen. Das neue Produkt ist vielen zu teuer. Daher fordern die Produzenten nun weitere Subventionen  Von Hannes Koch
: 1 Pfennig für grünen Strom

ie Adresse suggeriert Erfolg. Am Ballindamm in Hamburg sitzen die Firmen der reichen Leute. Auch der Ökostromanbieter Lichtblick residiert in bester Lage am Ufer der Binnenalster. Die Prognosen waren danach, als das Unternehmen im April 1998 gegründet wurde. Doch eingetroffen ist davon bis heute nicht viel: „Wir haben 350 Kunden“, sagt Lichtblick-Sprecher Thilo Schröder. Eine Zahl, die weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Die Liberalisierung des Strommarktes ist in vollem Gange. Eine halbe Million Anfragen von Interessenten vermeldet Billiglieferant Yello. Die Verbände der Stromwirtschaft haben sich gerade darauf geeinigt, bis zum 1. Januar 2000 die letzten Hindernisse zu beseitigen. Dann sollen endlich auch alle PrivatkundInnen ohne große Probleme den Versorger wechseln können.

Doch für die Anbieter von umweltfreundlicher Energie ist die Marktöffnung bisher keine Erfolgsstory. Auch die Naturstrom AG in Düsseldorf hatte sich viel vorgenommen: 12.000 VerbraucherInnen wollte man bis zum Jahresende 1999 überzeugen, ihre alten Lieferanten zu verlassen und dem sauberen Saft eine Chance zu geben. Weit gefehlt: Auf rund 1.200 beziffert Naturstrom-Vorstand Ralf Bischof die Zahl der abgeschlossenen Verträge. Mehr als 3.000 werde man bis Silvester kaum erreichen.

„Wir bieten ein erklärungsbedürftiges Produkt an“, weiß Bischof inzwischen. Die Leute würden sich erkundigen, anfragen, überlegen. Aber tatsächlich wechseln wollen die wenigsten. Alles in allem haben bis heute nur einige tausend StromkundInnen den Sprung zu den bundesweit rund 40 Umweltfirmen gewagt.

Dafür verantwortlich sind zumindest zum Teil die Preise für Ökostrom. Der schnelle Blick auf die Kosten pro Kilowattstunde zeigt schlicht: Umweltenergie ist teurer, teilweise empfindlich teurer als die Sonderangebote der Konkurrenz. Bietet Yello seinen gelben Atomstrom für 19 Pfennig pro Kilowattstunde an, verlangt mancher Alternativstromer mehr als 30 Pfennig. Die Differenz wird zwar hier und da gemildert durch die geringeren Jahresgebühren. Und mit den vor der Liberalisierung herrschenden alten Preisen können manche Umweltfirmen durchaus mithalten. Doch im harten Preiskampf sind sie ziemlich chancenlos.

Preistreibend wirkt sich bei manchen Ökos aus, dass sie ausschließlich regenerativ hergestellte Energie (Wind, Sonne, Biomasse, Wasser) anbieten und die dafür notwendigen Kraftwerke erst jetzt extra errichten lassen. Anbieter wie Lichtblick dagegen versuchen einen Kompromiss: Sie kaufen die Elektrizität einfach bei schon existierenden Anlagen, nur 50 Prozent des Angebots wird regenerativ erzeugt.

Trotzdem sitzen die Ökostromer nun etwas blass in ihren teuren Büros. Naturstrom-Chef Bischof sinniert über zusätzliche Finanzhilfen der rot-grünen Regierung: „Man könnte den regenerativen Strom für fünf Jahre von der Durchleitungsgebühr befreien“. Das sind die Kosten, die ein Lieferant an die Besitzer der Stromkabel (Stadtwerke, Großkonzerne wie RWE) zahlen muss, wenn er den Strom zu den Verbrauchern schickt.

Um ein bis zwei Pfennig werde die Gebühr Anfang 2000 vermutlich reduziert, aber auf mehr könne sie keine Hoffnung machen, sagt die grüne Energieexpertin Michaele Hustedt. Die Forderung nach der völligen Abschaffung der Durchleitungsgebühr falle den Ökofirmen etwas spät ein, so Hustedt. Die Debatte sei jetzt erst einmal beendet.

Für das Jahr 2001 allerdings stellt sie die Befreiung der regenerativen Energie von der Ökosteuer in Aussicht. Das würde eine Bevorzugung um weitere zwei bis vier Pfennige bedeuten. Doch während man sich bei den Ökostromern oft über die schlechte Konjunktur beschwert, in der das Umweltthema derzeit stecke, fordert die grüne Umweltpolitikerin die Alternativbetriebe auf, in die Offensive zu gehen. „Wo blieb die Kampagne für grünen Strom, als Yello seinen gelben bewarb?“, fragt Hustedt. Wenn die neuen Ökofirmen nicht massiv in die Werbung um PrivatkundInnen und Institutionen einstiegen, könnten sie auf dem Markt kaum Fuß fassen, befürchtet Hustedt.

Bei den Ökoanbietern setzt man nun darauf, dass die letzten Mauern der alten Strommonopole fallen. Als die Leute von Lichtblick sich vor Wochen an die Stadtwerke München wandten, um einen von dessen bayrischen Kunden nun mit preußischem Strom zu versorgen, sei von dort die Antwort gekommen: „Heuer geht des nimmer“. Das Stadtwerk habe auf Zeit gespielt, um ihren alten Kunden nicht zu verlieren, berichtet ein Lichtblick-Mitarbeiter. So etwas wird ab 1. Januar nicht mehr möglich sein. Dann muss der Kunde „hergegeben“ werden.