„Aber richtig drauf“: Gerangel auf Video

Verfahren wegen Stören der CDU-Unterschriftenaktion eingestellt  ■ Von Elke Spanner

Deutlich gibt das Video, das im Gericht abgespielt wird, die Stimmung rund um den CDU-Stand in Rahlstedt wieder: Gerangel und Geschubse, Leute werden von ZivilpolizistInnen zu Boden geschleudert und gefesselt, angefeuert von Rufen umstehender PassantInnen: „Schlagt sie doch tot“, verlangt eine alte Frau, und ein Mann pöbelt: „Ausländer raus“. Auch den uniformierten PolizistInnen, die ihren Kollegen zu Hilfe eilen, wird mit auf den Weg gegeben: „Aber richtig drauf“. Diesmal allerdings nicht von PassantInnen. Die BeamtInnen hetzen sich gegenseitig auf.

Vor dem Wandsbeker Amtsgericht stehen zwei Frauen, die am 23. Februar den Stand der CDU gestört haben sollen, an dem diese Unterschriften gegen die Einbürgerung von AusländerInnen sammelte (taz berichtete gestern). Der Tisch der Union flog um, sechs Menschen wurden von Zivilpolizisten festgenommen. Die beiden angeklagten Frauen hatten von der Staatsanwaltschaft Strafbefehle über Tagessätze zugeschickt bekommen, nach denen sie als vorbestraft gelten würden. Landfriedensbruch sollen sie begangen haben, hieß es, außerdem versuchte Gefangenenbefreiung, Widerstand gegen PolizistInnen und Sachbeschädigung. Doch wer was tat, ist vor Gericht nicht herauszufiltern. Übrig bleibt der Vorwurf der Sachbeschädigung und Nötigung. Schließlich werden beide Verfahren gegen eine Geldbuße eingestellt.

Die beiden Frauen versuchen vor Gericht zu erreichen, dass nicht allein über den Aufruhr am CDU-Stand und die anschließenden Festnahmen verhandelt, sondern die Kampagne der Union als Hintergrund im Prozess berücksichtigt wird. „An den CDU-Ständen durften alle rassistischen und antisemitischen Positionen diskutiert werden“, sagt die eine Angeklagte. „Viele Leute fragten: Wo kann man hier gegen Ausländer unterschreiben?“ Der Richter gähnt. „Die Kampagne steht in der Ideologie des völkischen Rassismus“, ergänzt die zweite. Das Gericht bricht die Prozesserklärung ab.

Die Störaktion hatte im Februar ein lautes Presseecho hervorgerufen. Die Stimmung kippte um: Hatten sich die übrigen politischen Parteien zuvor noch von der CDU abgegrenzt, standen nun plötzlich die tatkräftigen AntifaschistInnen am Pranger. Gestern berichtete der damals für den CDU-Stand verantwortliche Christdemokrat, dass die Union nur wenige Minuten nach dem Vorfall wieder Unterschriften sammelte.