PDS ist unser Gegner – nicht SPD“

■ Christoph Bergner, Fraktionschef der CDU in Sachsen-Anhalt, über den Kurswechsel seiner Partei gegenüber der PDS und die Lage im Osten

taz: Lassen Sie uns mit einem Spiel beginnen. Ich nenne Ihnen fünf Attribute, und Sie sagen mir, ob diese auf die PDS zutreffen. Das erste: links.

Christoph Bergner: Links ist die PDS.

Modern.

Die Partei gibt sich modern, was ihren Habitus, ihr Image betrifft – inhaltlich ist sie das nicht.

Volkspartei.

Ist die PDS höchstens in dem Sinne, dass sie im Osten sehr unterschiedliche Bevölkerungsgruppen bindet. Sie ist aber keine Volkspartei, die sich um einen gemeinsamen Grundwert gruppiert.

Die alte SED.

Das ist die PDS auch – aber eben nicht nur. Beides schließt einander nicht aus.

Moralisch auf derselben Stufe wie DVU und Republikaner.

Es gibt Gruppierungen innerhalb der PDS, die ich moralisch mit DVU und Reps gleichsetze. Aber das trifft nicht auf die Partei insgesamt zu.

Die ersten drei Attribute stammen von Ihnen, die letzten beiden von Peter Hintze, dem Erfinder der „roten Socken“. Ihre Partei macht nicht gerade den Eindruck, als sei sie sich einig darüber, wie sie mit der PDS umgehen soll.

Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Ich habe damals zu Hintzes Rote-Socken-Kampagne gestanden. Aber heute müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die SPD die PDS hoffähig gemacht hat. Darauf müssen wir reagieren. Es geht mir und anderen aber nicht darum, die PDS als Partner zu entdecken. Es geht mir auch nicht um die Frage, ob ich mir die PDS als Konkurrenten wünsche. Ich würde viel lieber mit der SPD in Wettbewerb treten. Aber die Sozialdemokraten sind im Osten als Gegner immer weniger ernst zu nehmen.

Warum?

Weil die SPD in ihren Positionen nicht mehr klar wahrnehmbar ist. Sie steht mal bei Tony Blair und mal bei Gregor Gysi. Und sie weicht bis heute der Frage aus, wie sie es mit der PDS hält. Während Schröder von der PDS als „irgendeiner kleinen Konkurrenzpartei“ spricht, trifft sich der SPD-Ministerpräsident unseres Landes mit der PDS-Spitze und verspricht ihr, keine Gesetzesentwürfe gemeinsam mit der CDU zu beschließen.

Warum folgt daraus ein Kurswechsel der CDU in ihrem Verhältnis zur PDS?

Weil wir im Osten uns mit der Partei auseinander setzen müssen, die ganz klar sagt, wo sie steht. Das tut die PDS. Man kann sich seine Gegner nun mal nicht aussuchen.

Einige Ihrer Parteifreunde fürchten, die CDU würde die PDS damit endgültig hoffähig machen.

Die PDS ist in einigen Ost-Ländern zweitstärkste Partei. Die kann man nicht einfach ignorieren. Im Osten bilden CDU und PDS mit ihren politischen Programmen die Pole. Zwischen diesen beiden Parteien läuft die eigentliche gesellschaftliche Auseinandersetzung. Die SPD droht dazwischen zerrieben zu werden. Sie steht künftig vielleicht nur noch vor der Wahl, entweder unter einem CDU- oder unter einem PDS-Ministerpräsidenten mitzuregieren.

Nennen Sie mal eine Gemeinsamkeit von CDU und PDS im Osten.

Beide Parteien sind in der ostdeutschen Gesellschaft fest verankert, natürlich unter unterschiedlichen Vorzeichen. In der PDS sitzen die Gegner und Kritiker der deutschen Einheit, die CDU hat sich in guten wie in schlechten Zeiten als Partei der Einheit profiliert.

Wenn ich Sie jetzt nach einer CDU/PDS-Koalition frage, werden Sie sofort abwinken. Würden Sie auch unterschreiben, dass es in zwanzig Jahren kein solches Bündnis gibt?

Meine Phantasie reicht nicht aus, um mir eine solche Koalition vorzustellen. Diese würde für beide Parteien die Preisgabe ihrer Identität bedeuten, auch in zwanzig Jahren.

Interview: Jens König