Ein deutscher Pass ist für 500 Mark zu haben*

■ * gilt nur in Verbindung mit Deutschkenntnissen und Verfassungstreue. Bis zu 36.000 Ausländerkinder können ab dem 1. Januar die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten

Zum Millenniumswechsel ist es so weit: Bis zu 36.000 Kinder ausländischer Eltern können mit dem Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsrechts am 1. Januar 2000 die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. „Kinder, die nach dem Stichtag geboren werden, bekommen automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, wenn die Eltern mindestens acht Jahre hier leben und über einen gesicherten Rechtsstatus verfügen“, sagte die Ausländerbeauftragte Barbara John gestern.

Etwa 3.500 Berliner Neugeborene erfüllen diese Voraussetzung. Für 33.000 Kinder ausländischer Eltern unter 10 Jahren gilt eine Übergangsregelung: Sie müssen bis zum 31. 12. 2000 einen Einbürgerungsantrag gestellt haben. Da sich die Innenminister der Länder im Bundesrat bisher nicht über ein Ausführungsgesetz geeinigt haben, werden zum Jahresende 16 verschiedene Ausführungsbestimmungen existieren. Umstritten ist vor allem der Nachweis der „ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse“ sowie eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz.

In Berlin sollen die Sprachtests daher vorerst in Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen durchgeführt werden. „Die Sprachkenntnisse müssen hinreichende Chancen auf dem Arbeitsmarkt sicherstellen“, sagte John, die nicht mit wesentlich höheren Einbürgerungsquoten rechnet. Die Prüfung solle von unabhängigen Trägern vorgenommen werden, um Willkürakte von Beamten zu vermeiden. Die Kosten für den Sprachkurs müssen die Bewerber selbst bezahlen. Die Gebühr für die Einbürgerung selbst beträgt für Erwachsene 500, für Kinder 100 Mark. Das Bekenntnis zur Verfassung soll qua Unterschrift geleistet werden. „Das ist wie beim Heiraten“, sagte John. „Manche fühlen sich daran gebunden, bei anderen hilft das überhaupt nichts.“ Schon jetzt liegt die Hauptstadt mit rund 12.000 Einbürgerungen jährlich bundesweit an der Spitze.

Kenan Kolat, Vorsitzender des Türkischen Bundes (TBB), kritisierte gestern die Pläne. „Sprachprüfungen lehnen wir ab“, sagte Kolat. Diese seien zudem im Bundesgesetz nicht vorgeschrieben. Der TBB-Vorsitzende rechnete damit, dass vor allem unter den älteren Türken die Zahl der Einbürgerungsanträge mit der neuen Regelung abnehmen könnte. Der Grund: Bisher konnten in Berlin lebende Türken neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit beantragen, wenn sie ihren Wohnsitz im Inland hatten. Mit der neuen Regelung geht die deutsche Staatsangehörigkeit beim Erwerb einer anderen in jedem Fall verloren. Dies werde von vielen Türken als Verschlechterung empfunden. Kolat warnte davor, dass sich viele Türken zurückgestoßen fühlen könnten. „Integration kann nur durch rechtliche Gleichstellung erfolgen, nicht durch bürokratische Hürden.“

Andreas Spannbauer
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