piwik no script img

Alberts Fehltritt

■ Arme Königin Paola – wann darf sie endlich wieder glücklich sein?

Brüssel (AP/taz) – Ganz Belgien ist empört: Ein 18-jähriger Flame enthüllte in einer Biografie über ihre Königin Paola ein 30 Jahre gehütetes Geheimnis: Ihr Mann, König Albert, ist Vater einer unehelichen Tochter. Damit wird die belgische Tradition gebrochen, das Privatleben der Royals zu respektieren. Kritisiert wird aber auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung – der Thronfolger Prinz Philippe hat soeben begonnen, seine Braut Mathilde d'Udekem d'Acoz den Belgiern auf einer Rundreise zu präsentieren.

Der durchaus als Lebemann bekannte Albert musste nach dem Tod von König Baudouin 1993 im Alter von 59 Jahren unerwartet in die Fußstapfen seines kinderlosen Bruders treten. Da sein Sohn – der von Baudouin eigentlich als Nachfolger auserkorene Philippe – als der Aufgabe nicht gewachsen galt, bestieg Albert selbst den Thron. Dann holte ihn die Vergangenheit ein. Schon Ende der 60er-Jahre gab es Gerüchte über eine illegitime Vaterschaft. Demnach wurde die Tochter mit Namen Delphine 1968 geboren. Die Mutter soll eine belgische Adlige sein, die später einen Industriellen heiratete.

Die Tochter, die von ihrem Stiefvater adoptiert wurde, lebt heute als Künstlerin in London, wie der Biograf Mario Danneels schreibt. Gelegentlich besuche Albert sie. Daneels selbst gibt sich als Anhänger der Monarchie und als Bewunderer Paolas aus. Die Biografie „Paola: Vom süßen Leben zur Königin“ wäre ohne die Schattenseiten ihrer Ehe unvollständig und würde ihrer Persönlichkeit nicht gerecht, begründete er seine Enthüllung. Allerdings schreibt der Benjamin Lebert der Skandalliteratur über die Innenansichten einer königlichen Ehe ohne die Erlaubnis des Hofs. Für seine Recherchen horchte er die Entourage des Königs aus – Freunde, Verwandte und Angestellte – sowie Politiker und Journalisten, rund vierzig an der Zahl. Fünf hätten ihm die Existenz Delphines bestätigt.

Was Königin Paola in diesen Tagen erleidet, lässt sich nur erahnen. Eine stillschweigende Abmachung zwischen den Medien und den Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zum Schutz ihrer Privatsphäre sei gebrochen worden, konstatierte Benoit Grevisse von der katholischen Universität in Leuven.

La Libre Belgique warnte davor, dass die belgischen Zeitungen sich mit der Berichterstattung über des Königs Fehltritt zur Schmuddelpresse degradierten. In einem Leserbrief an Le Soir wurde ebenfalls Unverständnis über die Schnüffelei geäußert. Der Verfasser riet dem Hof, es den Briten gleichzutun: „Keine Erklärung, keine Beschwerde.“

Ein Historiker der Universität von Lüttich, Francis Balace, hat indes wenig Verständnis für das Schweigen des Königs. Schon bei seiner Thronbesteigung hätte Albert seine Vergangenheit offen legen müssen. Nun drohe die Gefahr, dass eine Armada von Journalisten sich auf den Weg nach London mache, um Delphine zu finden. In der Enthüllung vermutet er ein Komplott der Flamen, um Belgien zu spalten.

Tragisch ist die Enthüllung auch für das junge Brautpaar, das mit einer Tour durch die Provinz Luxemburg gerade seine „Joyeuse Entree“ – seinen festlichen Einzug – in die Gesellschaft hält.

Philippe hatte seine Hochzeit mit der 26-jährigen Logopädin vor einem Monat angekündigt, als das Land schon nicht mehr an eine Heirat des 39-jährigen eisernen Junggesellen glaubte. Mit einer Verfassungsänderung vor einigen Jahren wurde der jüngeren Tochter Astrid die Möglichkeit eröffnet, die Thronfolge anzutreten.

Vielleicht kann Mathilde, die von Philippe nun zum Traualtar geführt wird, der Königin eine Stütze sein. Als Flämin, die in der Wallonie aufgewachsen ist, spricht sie beide Landessprachen –und sie stammt aus altem Adel.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen