Hochtiefs Flughafen-Chancen sinken

■ Deutsche Bank geht vorsichtig auf Distanz zu dem Essener Baukonzern: Der würde auch mit der Konkurrenz berlinern

Berlin (taz) – Die Chancen von Hochtief, den Zuschlag für den Bau des Berliner Großflughafens zu behalten, sinken weiter. Jetzt ist sogar der Finanzier des Konsortiums um den Essener Baukonzern, die Deutsche Bank, vorsichtig auf Distanz zu Hochtief gegangen. Gegen das Hochtief-Konsortium ermittelt die Staatsanwaltschaft – unter anderem wegen Beihilfe zum Betrug.

„Wir stehen weiter zu dem Hochtief-Konsortium“, sagte Deutsche-Bank-Sprecher Walter Schumacher. Sollte sich aber die Sachlage ändern, wolle man auch mit dem Konkurrenzkonsortium um die Bonner IVG-Gruppe zusammenarbeiten. Schließlich müsse man die Sachlage realistisch betrachten, so Schumacher.

Bereits im September hatte Berlins Justizsenator Ehrhart Körting gefordert, Hochtief aus dem weiteren Privatisierungsverfahren der Berlin Brandenburg Flughafenholding (BBF) auszuschließen. Die BBF, an der die Länder Berlin und Brandeburg sowie der Bund beteiligt sind, betreibt die drei Berliner Flughäfen. Im April war die BBF für 650 Millionen Mark an Hochtief verkauft worden. Die Essener hatten damit auch den Zuschlag für Bau und Betrieb des Großflughafens erhalten – das größte private Infrastrukturprojekt in Deutschland. Kostenpunkt: sechs bis acht Milliarden Mark.

Körtings Ausschluss-Begründung: Ihm lägen eine Reihe von Fakten vor, die bei Hochtief auf einen „schwerwiegenden Verstoß gegen vergaberechtliche Bedingungen“ schließen ließen. Flughafen-Experten halten einen solchen Ausschluss ohnehin für wahrscheinlich. Bei einem Hochtief-Partner waren unter anderem Unterlagen der Konkurrenz entdeckt worden. Hochtief müsse nun sehen, wie sie aus der Sache herauskommen, sagte Schumacher. Es sei nichts Sensationelles, wenn man auch Alternativen prüfe. „In einem solchen Verfahren gibt es keine Nibelungentreue.“

Hochtief-Sprecher Werner Baier zeigte sich von diesem Vorstoß wenig begeistert. „Das Ganze ist schon ein bisschen merkwürdig.“ Zwar würde Hochtief niemandem Überlegungen übel nehmen, aber man stehe beim Berliner Aiport in einem Vertragsverhältnis mit der Deutschen Bank. Dieses dürfe nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass Anlass zu Spekulationen gegeben werde. Baier: „Hochtief ist weiter im Rennen.“

IVG-Manager Klaus Köllen begrüßt hingegen den Schritt der Deutschen Bank. „Das zeigt uns, dass die das Flughafen-Projekt sehr gut finden.“ In der Vergangenheit waren in BBF-Kreisen Zweifel an der Finanzkraft des IVG-Konsortiums laut geworden. Vielleicht einer der Gründe, dass zunächst Hochtief zum Zuge gekommen war. Mit der Deutschen Bank im Rücken wäre die IVG diese Sorgen los. Richard Rother