König Eisenmann strotzt vor Kraft

Während sich der Belgier van Lierde als strahlender Sieger feiern lässt, gehen die deutschen Triathleten diesmal leer aus beim Ironman in Hawaii  ■   Aus Kailua-Kona Frank Ketterer

Als der kleine Hubschrauber am blauen Himmel über Kailua-Kona kreist, naht die Entscheidung und die Stimmung wird fiebernd entlang des pechschwarzen Alii Drive, der umsäumt ist von Menschen. Zum Teil seit Stunden stehen sie in der Sonne und warten darauf, endlich den Champion feiern zu dürfen. In diesem Jahr bejubelt die tobende Menge den Belgier Luc van Lierde. Die Flagge seiner Heimat hat er sich über die Schultern gelegt, die Arme streckt er gen Himmel; dann durchtrennt der 30-Jährige das Zielband beim Ironman Hawaii, dem härtesten Triathlon der Welt.

Nur 8 Stunden, 17 Minuten und 17 Sekunden hat van Lierde am Samstag gebraucht für seinen zweiten Erfolg auf Big Island, und damit über fünf Minuten weniger als Vorjahressieger Peter Reid aus Kanada, der diesmal 8:22:54 Stunden benötigte für die 3,8 Kilometer schwimmen, 180 km Rad fahren und 42,195 km laufen. Und der sich wenigstens damit trösten konnte, dass Ehefrau Lori Bowden das Frauenrennen gewann.

Wenig Freude kam hingegen bei den deutschen Eisenmännern auf, von denen es erstmals seit vier Jahren keiner aufs Podest der Sieger schaffte: Thomas Hellriegel, vor zwei Jahren erster deutscher Triumphator auf Hawaii, stampfte mit über zehn Minuten Rückstand und schweren Beinen als Sechster ins Ziel; Lothar Leder wurde nach zwei Verwarnungen auf der Radstrecke gar disqualifiziert und musste sich den Rest des Rennens im Fernsehen anschauen.

Dort konnte er einen vor Kraft und Überlegenheit strotzenden Luc van Lierde beobachten. Das morgendliche Schwimmen im Pazifik, in dem der in den Tagen zuvor gesichtete Hai einem Schwarm Delfinen gewichen war, absolvierte der Belgier gewohnt souverän, auf dem Rad fuhr er munter und etwas überraschend mit der Spitzengruppe; als es beim Kona Surf Resort auf die Laufstrecke ging, gab er richtig Gas. Schon bei Marathon-Kilometer zehn, noch bevor die Läufer ein letztes Mal in die Höllenhitze des Queen Kaahumanu Highways hinaus müssen, hatte van Lierde einen stattlichen Vorsprung herausgeholt, am Ende des Energy Labs, jener trostlosen Straße hinunter zum Meer, auf der sich das Rennen traditionell entscheidet, hatte er diesen auf drei Minuten ausgebaut.

„Ich hatte mich im Vorfeld auf keine feste Strategie festgelegt und wollte reagieren“, erzählte der Belgier, der zuletzt das Kurzstreckentraining wieder mehr in den Mittelpunkt gestellt hatte. Denn zum einen will der 30-Jährige, wie so viele Dreikämpfer, nächstes Jahr zu Olympia, zum anderen ist er überzeugt davon, dass auf der Langdistanz nur schnell ist, wer auch der Kurzstrecke und deren knackigerem Training frönt. „Da habe ich mir meinen Speed geholt“, sagte van Lierde.

Ein Satz, der von Lothar Leder hätte stammen können. Auch der Darmstädter, Dritter in den letzten beiden Jahren auf Big Island, will nach Sydney, auch er holte sich seine Form für Hawaii auf der Kurzstrecke. Was zu Großem hätte führen können: Denn nach sehr guter Schwimmleistung donnerte der 28-Jährige diesmal auch auf dem Rad mit vorneweg. Beim Wechsel an der Keauhou Bay standen ihm als starkem Läufer alle Tore zum Sieg offen – wenn man ihn nur hätte laufen lassen. Doch das taten die Race-Marshalls nicht. Verbotenerweise im Windschatten sei Leder gefahren, später wurde der Darmstädter auch noch auf der linken Straßenseite pedalierend angetroffen, ebenfalls eine unentschuldbare Todsünde beim Hawaii-Ironman. „Ich wäre fast ausgeflippt“, kommentierte Leder den Moment seiner Disqualifikation, später stellte er immerhin fest, „dass meine Form gestimmt hat“.

Das konnte Thomas Hellriegel nicht von sich behaupten. Aus dem Wasser kam er deutlich hinter der zwölfköpfigen Spitzengruppe, zu Beginn der Laufstrecke schließlich plagten ihn Magenkrämpfe. „Mittelmäßig geschwommen, mittelmäßig Rad gefahren, mittelmäßig gelaufen“, fasste Hellriegel zusammen und merkte an: „Wenn man hier gewinnen will, muss man 110 Prozent geben.“ So wie Luc van Lierde.