■ Press-Schlag
: So viel Provinz ist nicht  Ulm und Unterhaching streiten gegen Image

Wieder einmal hatte der immer und ob's braucht oder nicht die Zähne bleckende ran-Mann Jörg Wontorra die Schmunzler auf seiner Seite: Ulm gegen Unterhaching, das sei die Paarung, auf die man seit 25 Jahren mit Spannung in der Bundesliga wartet. Das war ein sich anstoßen und heimliches auf die Schenkel hauen im Studio. Denn natürlich hatte sogar der am dumpfsten in seinem Schal dämmernde Studiodimpfel kapiert: „Achtung Satire!“ Das meint der gar nicht so!

Nun ja. Rein phonetisch ist was dran. Haching gegen Ulm. Da schüttelt es einen nicht gerade vor Aufregung. Obwohl genau genommen so viel Provinz gar nicht ist. Schließlich gehört Unterhaching zu München. Und auch der Gegner im Duell um die uninteressanteste Bundesligastadt – Ulm – ist eigentlich ein durchaus ansehnliches Großstädtchen. Größer als Kaiserslautern beispielsweise und doppelt so lebendig, möchte man wetten. Da gab's schon mehr Provinz.

Warum dann immer die Hachinger und die Ulmer? Beiden hängt offenbar irgendwas an, für das sie eigentlich nichts können. Den einen das kleindimensionierte Leben im Schatten derer vom Olympiastadion. Nichts mit VIP-Lounge: Biergarten und dreißig mickrige Fans hinter der Tuba. Den anderen der Fluch des Württembergerseins, das in Restdeutschland a priori mit großer Geschäftstüchtigkeit, aber kleiner Risikobereitschaft verbunden wird. Wer will im Fußballgeschäft schon vernünftige Leute?

Darum ist es sehr fraglich, ob die Bemühungen der beiden Ligazwerge und ihrer Trainer jemals honoriert werden. Der in Haartracht und Kleidung immer komplett schwarz einherschreitende Martin Andermatt (Ulm) erinnert nicht nur deswegen an Zorro, sondern überhaupt. Weil sehr anständig und für Recht und Ordnung eintretend. Beispielsweise stellt er sich immer und aus Prinzip vor seine Mannschaft. Sogar nach dem bescheidenen 1:0 gegen Unterhaching am Wochenende. Sein Pendant Lorenz-Günter Köstner ist alles andere als Zorro; muss outfitmäßig eher den Herberger-Moden (immer im Trainingsanzug) zugerechnet werden, ähnelt aber in den Inhalten Andermatt. Auch er ist begeistert, mit welcher Leidenschaft seine Männer „kämpfen, kämpfen und nochmals kämpfen ...“

Beide sind sich der reduzierten Möglichkeiten ihrer Angestellen bewusst und wollen dennoch wenigstens eine Saison mitschwimmen im Haifischbecken. Auf anständige und ihren Möglichkeiten entsprechende Art und Weise. Weil die Situation nun mal so ist, wie sie ist, und weil ihre Mannschaften deswegen ohne die großen Namen auskommen müssen. Kein Glamour, keine Eitelkeiten; weit und breit kein Größenwahn in Sicht und keiner, der des Nachts auf den Tischen tanzt. Von daher hätte der Bundesliga Schlimmeres widerfahren können. Spieler und Vereine, die über ihre Verhältnisse leben, gibt es in der obersten Klasse schließlich genug.

Albert Hefele