Theater im Fadenkreuz?

■ Defizit im Etat des Theaters ist Folge chronischer Unterfinanzierung

CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff wird's gefreut haben. Ausgerechnet Klaus Pierwoß, der Eckhoff noch in der vergangenen Woche wegen dessen Sparforderungen in Richtung Theater als Trampel in der Kulturlandschaft abmeierte, steht nur wenige Tage später selbst in der Kritik. Grund: Im Haushalt des Bremer Theaters klafft ein hässliches, 1,2 Millionen Mark großes Loch. Außerdem wird der Bau der Probebühne aufgrund unvorsehbarer baulicher Probleme mindestens eine Millionen Mark teurer als ursprünglich veranschlagt. Der parlamentarische Haushaltsausschuss verlangt deshalb vom Theater die Vorlage eines Sanierungsplanes bis Mitte November (vgl. taz von gestern).

Ein Defizit von 1,2 Millionen Mark ist durchaus bedenklich. Aber allein das erklärt nicht, warum der Weser Report am Sonntag daraus eine melodramatisch überzogene Titelgeschichte machte. Und das reicht auch nicht als Erklärung dafür aus, warum der Weser-Kurier tags darauf entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten die Geschichte nachdreht (natürlich – soviel Taktlosigkeit muss sein – ohne den Weser Report zu erwähnen).

Interessant wird diese Debatte erst vor dem Hintergrund, dass im Kulturetat des nächsten Jahres eine Lücke von mindestens sieben Millionen Mark klafft, von der momentan niemand weiß, wie sie zu schließen ist. Und die Lust, sich das Geld vor allem beim größten Zuschussempfänger, dem Bremer Theater, zu holen, scheint nicht nur bei Jens Eckhoff vorhanden zu sein. Eher halbherzig und spät verteidigte Kultursenator Bernt Schulte (CDU) Pierwoß gegen die Angriffe Eckhoffs. Und auch Wolfgang Schrörs (CDU), stellvertretender Vorsitzender des parlamentarischen Haushaltsausschusses, lässt sich im Weser-Kurier vieldeutig mit dem Satz: „Im Theater muss was passieren“ zitieren.

Dabei gleicht das Bremer Theater bereits einem nackten Mann, dem man nur schwerlich noch in die Tasche greifen kann. 13,7 Millionen Mark hat das Theater in den letzten fünf Jahren bereits eingespart. Momentan erhält die Vierspartenbühne Betriebszuschüsse aus dem Kulturetat in Höhe von 45,9 Millionen Mark. Zum Vergleich: Hannover zahlt seinem Staatstheater fast 88 Millionen Mark. Stuttgarts Theater erhält 118 Millionen. Selbst Freiburgs städtischen Bühnen erhalten sechs Millionen Mark mehr als das Bremer Theater. Will heißen: Das Bremer Theater ist chronisch unterfinanziert. Und angesichts einer derartigen finanziellen Ausstattung verwundert es nicht, wenn sich als Folge dieser Unterfinanzierung innerhalb von fünf Jahren ein Defizit von 1,2 Millionen Mark auftürmt. Zumal spektakuläre, von Feuilleton und Politik und Wirtschaft bejubelte Inszenierungen wie Kresniks „Die letzten Tage der Menschheit“ im Bunker Valentin nicht zu haben sind ohne außergewöhnlichen finanziellen Aufwand.

Das Theater wird das Etatloch nach Auskunft seines Verwaltungsdirektors Jens Walter wohl nur durch die Streichung von Stellen im nicht-künstlerischen Sektor schließen können. Einnahmeerhöhungen in nennenswertem Ausmaß seien nur durch die Erhöhung der Eintrittspreise möglich, was aber vermieden werden soll. Wie mit den gestiegenen Kosten der Probebühne zu verfahren wird, ist hingegen noch unklar. Walter geht momentan nicht davon aus, dass das Theater die Mehrkosten alleine tragen muss. Man werde mit der ausführenden Baufirma Zechbau reden müssen. Egal wie dieser Konflikt ausgeht: Trotz der Mehrkosten wird sich diese Investition innerhalb weniger Jahre durch eingesparte Mieten und Transportkosten amortisieren.

Zwar kann man einem nackten Mann nicht mehr in die Tasche fassen. Aber kräftig in den Arsch treten kann man ihm doch. Teile der CDU, so scheint's, haben an dieser Betätigung Gefallen gefunden. Man wird sehen, wie weit sie dieses Spiel noch zu treiben gedenken.

Franco Zotta