Das Portrait
: Nicht korrupt, nur langweilig

■ Fernando de la Rua

Seine Routine ist ihm heilig. Aufstehen um sechs, Frühstück mit den Kindern, die Krawatte nicht allzu auffällig, den Tee mit Milch, die Siesta um zwei. Es scheint, als könne ihn nichts aus der Ruhe bringen. Fernando de la Rúa ist ein zurückhaltender, stiller Typ. Ein Langweiler wurde er im Wahlkampf genannt, doch er spielte mit diesem Image: Lieber langweilig und korrekt als unterhaltsam und korrupt, lautete seine Botschaft. Im letzten Werbespot steht er wie einst Evita Perón vor dem Regierungspalast Casa Rosada und spricht in ein altertümliches Mikrofon.

Argentiniens neuer Präsident: Fernando de la Rúa

Foto: Reuters

Vor drei Jahren wurde de la Rúa zum ersten Bürgermeister von Buenos Aires gewählt. Im Amt zeigte er sich vor allem als bürokratischer Verwalter, der ohne viel Aufsehen zu erregen seinen Amtsgeschäften nachging. In kleinen Schritten arbeitete er daran, die Schäden der Metropole zu flicken: U-Bahn-Ausbau, Renovierung der Plätze, mehr Kultur. Rock-Konzerte, Theateraufführungen und Klassik-Open-Airs in Parks, alles kostenlos oder preiswert.

De la Rúa wurde 1937 in Córdoba geboren, der zweitgrößten argentinischen Stadt. Seine Eltern schickten ihn auf die Militärschule General Paz, die der Streber mit der Note Zehn abschloss – besser geht's nicht. In seinem Klassenbuch gibt es nur wenige Einträge wegen Fehlverhalten. Der schlimmste bemängelt, dass Fernando die „Schuhe nicht im ordentlichen Zustand hatte“.

Schon mit 21 hatte er das Jura-Studium an der Nationalen Universität von Córdoba abgeschlossen, danach setzte er noch schnell eine Promotion drauf. Fast heimlich heiratete er in Recoleta, dem Nobelviertel von Buenos Aires, um danach in einem Militärclub zu feiern.

Trotz seines blassen Images ist er in Karrieretyp. Anfang 20 tritt er der sozialdemokratisch orientierten Radikalen Bürgerunion (UCR) bei. Als jüngerer hatte er schnell den unliebsamen Spitznamen „Schnuller“ weg. De la Rúa gehört bei den Radikalen zum rechten Rand. Während sein Bruder während der Militärdiktatur (1976 bis 1981) ins Exil ging, blieb Fernando. Bis heute haben ihm die Linken in der Partei nicht verziehen, dass er bei der Einweihung des Museums der „Subversion“ mit dabei war. Dort wurden Waffen und Fahnen ausgestellt, die angeblich der Guerilla gehörten. Die Militärs versuchten damit, ihr blutiges Regimes zu rechtfertigen. Als strikter Abtreibungsgegner und ehrgeiziger Machtmensch ist Fernando de la Rúa konservativer, als viele glauben.

Ingo Malcher