Kein Franken für die EU

■ Christoph Blocher kämpft gegen die Brüsseler Bürokratie und exportiert erfolgreich seine Chemie

Bern (taz) – Mit einer Flasche aus Champagne habe er angestoßen, erklärte SVP-Nationalrat Christoph Blocher am Sonntagabend nach erfolgreich geschlagener Wahlschlacht. Nein, selbstverständlich nicht mit dem Edelgetränk aus der französischen Champagne, sondern einem simplen Weißwein aus dem schweizerischen Champagne. Das Winzerdorf aus dem Kanton Waadt ist für die Schweizer EU-Gegner zum Heldenort aufgestiegen, nachdem es sich vor Jahresfrist standhaft gegen einen Ukas aus Brüssel zur Wehr gesetzt hatte. Frankreich und den EU-Bürokraten passte es nicht in den Kram, dass in der kleinen Schweiz ein paar Weinflaschen mit dem Etikett „Champagne“ auf dem Markt waren.

Selbst in den Stunden des größten Triumphes hat der clevere Chemieunternehmer Christoph Blocher, der stolz darauf hinweist, dass er zu 80 Prozent in der Heimat produziere, aber 95 Prozent seiner Produkte ins Ausland exportiere, sein ewiges Feindbild vor Augen. Den Kampf führt der 59-Jährige gegen die allmächtigen Bürokraten in Brüssel. Gegen einer EU also, die angeblich nichts anderes im Sinn hat, als die souveräne Schweiz in ihren autonomen Rechten zu beschneiden. Und die gern ein paar Milliarden Schweizer Franken in ihren Kassen sähe.

Mit solcher Polemik ist es dem unbestrittenen Leader der Schweizer Rechten in den letzten Jahren gelungen, vor allem im deutschsprachigen Teil des Landes die Wählerinnen und Wähler hinter sich zu scharen. Im Dezember 1992 war es Blocher, der mit der von ihm gegründeten „Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz“ (AUNS) einen Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verhinderte.

Doch der Rechtspopulist kämpft nicht bloß gegen die EU. Im eigenen Land spielt er sich immer wieder als nationalkonservativer Saubermann auf. Die Schweiz mit einem Ausländeranteil von fast 20 Prozent ist ein idealer Nährboden, wenn es darum geht, gegen Asylsuchende aus Dritte-Welt-Staaten Stimmung zu machen. Als in der Folge des Kosovokrieges im Frühjahr tausende in die Alpenrepublik strömten, war es Blochers SVP, die eine Verschärfung des Asylgesetzes verlangte. An seinem Wohnort Zürich kämpft Blocher gegen eine allzu liberale Drogenpolitik und polemisiert fast permanent gegen die „Linken und Netten“.

So dezidiert Blocher gegen die EU, Asylsuchende und soziale Außenseiter wettert, generell einen Ausländerfeind kann man den Rechtspopulisten nicht nennen. Bekennende Rassisten und Antisemiten werden aus der Partei geworfen. Doch die Geister, die Blocher rief, wird er kaum los. Die SVP ist nicht nur zum Sammelbecken vieler unzufriedener Bürger geworden, immer mehr fühlen sich auch Rechtsextreme in Blochers Umfeld wohl.

Christoph Blocher, der trotz seines Milliardenvermögens bescheiden geblieben ist und mit seiner behäbigen und bäuerlichen Art leicht den Draht zum einfachen Volk findet, kann solches nicht erschüttern. Seit Sonntag weiß der ursprünglich zum Landwirt Ausgebildete, wie hoch seine politischen Aktien gehandelt werden. Die Schweiz hat sich so ein Stück weiter von Europa entfernt.

Markus Rohner