Rot-Grün will eine Million Ausländer weniger im Land

■ Werd doch einfach Deutscher! Regierung startet Werbekampagne für mehr Einbürgerung – CSU schimpft

Berlin (taz) – Was ist wirklich neu an Rot-Grün? Die grüne Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, freute sich gestern sehr, endlich etwas vorweisen zu können: „Neu ist, dass wir aktiv für mehr Einbürgerung werben.“ Das gefällt der grünen Wählerschaft – und erzürnt die Union. Aus der CSU hieß es bereits, „eine Kampagne zu starten ist falsch“.

Mit einer groß angelegten Werbekampagne möchte die Bundesregierung möglichst viele Ausländer informieren, dass sie leichter Deutsche werden können, sobald am 1. Januar das neue Staatsbürgerschaftsrecht in Kraft tritt. Dann erhalten Kinder ausländischer Eltern, die hier geboren werden, ein Recht auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Erwachsene haben künftig schon nach 8 Jahren Anspruch auf einen Pass (bisher nach 15 Jahren).

Damit alle mitbekommen, was sich ändert, erscheinen heute in Bild und anderen Boulevardblättern große Anzeigen, 3.000 Plakate werden geklebt und bunte Broschüren verteilt. Bewusst wurden Fotos von Menschen mit fremdländischem Aussehen mit dem Slogan „Typisch deutsch“ versehen, ein junger Türke mit Zahnlücke lacht: „Ich bin ein Berliner“. Ziel der Kampagne ist erhöhte Akzeptanz bei der deutschen „Mehrheitsgesellschaft“, vor allem aber wünscht sich Beck, dass „möglichst viele Ausländer deutsche Staatsbürger werden“. Schon im nächsten Jahr erwartet Beck eine Million neue Deutsche.

Das wird nicht ganz einfach, denn Bund und Länder konnten sich bisher nicht auf einheitliche Verwaltungsvorschriften einigen. Die unionsregierten Länder könnten versuchen, mit komplizierten Regelungen die Einbürgerung zu erschweren. Das neue Gesetz stößt vor allem in Bayern auf wenig Zustimmung, ein Sprecher des Innenministeriums nannte es gestern erneut einen „faulen Kompromiss“. Für den Vorsitzenden der CSU-Arbeitsgruppe Zuwanderung, Gerhard Nickl, ist die Kampagne der Bundesregierung Geldverschwendung. Gegenüber der taz sagte Nickl: „Ich halte das für falsch. Für andere Gesetze wird auch nicht geworben.“ Lukas Wallraff