Those were the days

■  Skaten, Hardcore, HipHop: Das FFWD zeigt eine Ausstellung mit Bildern des amerikanischen Fotografen Glen E. Friedman

1977 ist Bobby Piercy vor dem Playboy Hotel in New Jersey über drei Bunnies gesprungen, von einem Skateboard zum anderen. Wahrscheinlich hätte ihm diese Heldentat niemand geglaubt, wenn Glen E. Friedman den Sprung nicht fotografiert hätte: Those were the days.

„Fuck you Heroes“: So heißt die Ausstellung mit den Arbeiten des Fotografen Glen E. Friedman im FFWD. Sie wirft einen Blick auf drei uramerikanischene Jugendkulturen, auf Skater-Szene, Hardcore und HipHop. Die Ausstellung möchte zeigen, dass die inzwischen größtenteils verloren gegangene Authentizität dieser Kulturen einmal mehr war als bloß ein Mythos. Schau dir diese Fotos an, Mann: alles echt.

Mitte der 70er-Jahre war Friedman gerade mal 13 Jahre. Damals begann er zu fotografieren. Zuerst die Skater mit ihren spektakulären Tricks in der Halfpipe. Dann, als Anfang der 80er Hardcore in Amerika so richtig explodierte, war Friedman auch dort pünktlich mit dabei. Er hat sie alle fotografiert: Minor Threat, Hüsker Dü, Black Flag und wie sie alle heißen, und war immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Hardcore war noch echt aggressiv, und Typen wie Jello Biafra von den Dead Kennedys wurden als wirkliche Gefahr für das Establishment wahrgenommen.

Holten sich die Skater ihre Freiheit outdoor auf der Rampe, hing man nun im versifften Backstage-Raum eines kleinen Underground-Clubs ab. Und um in Amerika Gegenkultur zu sein, brauchte man nun statt einem Brett mit vier Rollen eine Gitarre sein eigen zu nennen. Oder beides: Skate-Kultur und Hardcore liefen parallel, das sieht man in den Arbeiten von Glen E. Friedman noch einmal. Und der Fotograf selbst war nach der ersten großen Hardcore-Welle kurzzeitig Manager der Suicidal Tendencies, die wie kaum eine andere Band die beiden Jugendkulturen in sich vereinigte.

Friedman ist kein Außenstehender, sondern Kommentator und teilnehmender Beobachter. Der Fotoapparat ist sein Board und seine Gitarre. Mit seinen Fotos feiert er nicht irgend einen fremden Stamm von wildgewordenen Jugendlichen, sondern seine eigene Kultur. Und die möglichst ungeschminkt.

Zwei seiner Fotobände heißen „Fuck You Heroes“ und „Fuck You Too“. Aus beiden stammen die Drucke und Proofs der Ausstellung. Die Message der Bilder ist einfach: Friedmans Helden, Protagonisten eines real existierenden Undergrounds, sind cooler als alle Mainstream-Stars. Er sieht seine Helden so, wie diese sich selbst gerne sehen, und Friedmans Ikonografie – eingefrorene Gesten, Posen und Live-Auftritte als naturidentische Hardcore-Ästhetik – findet bald ihren Weg auf alle möglichen Plattencover.

Ein wichtiger Paradigmenwechsel für Friedmans Arbeit wird Mitte der Achtziger durch HipHop eingeleitet. Hardcore ist ausgebrannt, und die für Friedman neue afroamerikanische Jugendkultur hat ungleich mehr Energie. Wichtiges Bindeglied sind für den weißen Friedman sicherlich die Beastie Boys, die wie er selbst aus der Skate- und Hardcore-Szene kommen. Bis heute hat Friedman nicht bloß jede Menge HipHop-Acts porträtiert, sondern auch hier wieder Fotos für Plattencover – sogar für Gruppen in der Größenordnung von Public Enemy – geschossen. Auffallend ist, dass es deutlich weniger Live-Shots von HipHop-Acts gibt als von Hardcore-Bands. Statt Stage-Fotos vom sich verausgabenden Henry Rollins sieht man nun Slick Rick, der während des Shootings eine Genickstarre durch den ganzen Gold-Klunker um seinen Hals bekommen haben muss und einfach bloß dasitzt und in die Kamera schaut. Diese Bilder wirken lange nicht so nah am Gegenstand ihres Interesses wie die Skate- und Hardcore-Fotos. Die HipHopper halten Abstand, der Fotograf auch. Friedman war aus den unterschiedlichsten Gründen hier nicht mit der Szene verwachsen. Vor allem war Friedman eben einfach nicht von Anfang an mit dabei. Zwar ging HipHop etwa zeitgleich mit Hardcore so richtig los, aber bis Mitte der Achtziger hat das kaum jemand wahrgenommen. Auch Friedman nicht.

Andreas Hartmann

Glen E. Friedman: „Fuck You Heroes“, FFWD, Ackerstr. 154, bis zum 12. November