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Weltverbesserung    ■ Von Konrad Lischka

Schlecht ist die Welt! Blöd gebaut und unbequem obendrein. Besonders peinigt sie mich, seit mein Briefkastenschlüssel verschwand. An die Post ist nunmehr allein von außen zu kommen. Durch den Einwurfschlitz. Die Konstrukteure wollten ebendies durch enorme Kastentiefe verhindern, was mir üble Schürfwunden an Hand und Gelenk bescherte.

Jetzt fange ich tagein, tagaus den Briefträger ab. Freut ihn auch, nach all den einsamen Jahrzehnten seine Papierstöße mal zwischen warme Hände statt in kalte Metallschlitze zu stecken. Nur kommt er selten zu früh, oft zu spät. Ich muss wachsam sein. Klappern die Nachbarskästen, wird meiner Sekunden später gestopft – stürze ich nicht zuvor die Treppe gen Erde, Straße und Post herab.

So sitze ich morgens da und lausche. Kein Radio, keine Knusperbrötchen oder gar Cornflakes – jedes Geräusch könnte den Einwurf übertönen. Allein Kaffee zum Wachbleiben. So ein Morgen ist nicht sonderlich spannend. Aber man hat Zeit zum Denken. So leicht wäre die Welt behaglich zu machen! Der deutsche Wald zum einen. Gern würde ich sommers in ihm liegen. Die Wiesen sind heiß, sonnig und vollgeschissen von Kötern. Deren Besitzer ölen das Grün zwischen der Scheiße mit ihren nackten Leibern. Der Wald derweil ist schattig und sonst nichts. Nur juckt dort der Boden. Braune Tannennadeln, bröselnde Blätter, pieksige Zweigchen. Und überall kleine Erdhügel, vor allem unter meinem Rücken. Das muss nicht sein. Wieso nicht den Waldboden sammeln, einschmelzen und schön glatt wieder ausgießen? Lässt man keine Luft ran, verbrennt der ja nicht, sondern wird flüssig. Habe ich in Chemie gelernt. Das mag teuer sein. Aber all die Arbeitsplätze! Dann nimmt man etwas Eintritt und macht nach fünf Jahren Gewinn. Und wieso hat überhaupt jeder popelige Zug nach Russland Schlafwagen und meine U-Bahn nicht? Nach Russland fährt man nie, mit der U-Bahn jeden Morgen. Und da ist man eh müder. Ein gepflegtes halbes Stündchen Zusatzschlaf ist für die Volkswirtschaft ohnehin besser als aus dem Fenster in den Tunnel gucken. Und keiner regt sich auf, wenn die Bahn wie immer doppelt so lang braucht. Man könnte sich auch die Häuser sparen und in der U-Bahn wohnen. Dann ist die Wohnung auch regelmäßig da, wo man hinwill. Überhaupt, die Bahn. Vor allem deren Höfe nächtens. Viel Zeit bis zur nächsten S-Bahn, gähnende Müdigkeit und Stille. Ab und zu ein Rülpsen aus der Dunkelheit oder eine Durchsage. Wen interessiert es, dass der Zug zu spät kommt? Tut er eh immer. Dann wieder Knacken und Rauschen. Statt eines Yello-Liedes zum Beispiel. Wieso donnert mein Wunschlied nicht in aller Breite über den Bahnhof? Weil die Bahner so gern Durchsagen machen. Dabei würde ich viel Geld für Yello zahlen. Andere vielleicht für die Gipsy Kings. Dann wird eben versteigert. Ich sehe mich schon gegen einen mit Fetttolle gekrönten Gypsi-King um die Wette Fünfmarkstücke in den Wunschkonzertautomaten auf dem Bahnsteig werfen. Nur bin ich als Erfinder am Gewinn beteiligt.

Meinem Postkastenproblem kann ich mich nunmehr nicht kreativ zuwenden – es klappert. Ich renne. Und komme zu spät. Aber wen wundert's. Jeder weiß, wie die Welt ist.

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